Morgens um 6.30 Uhr in der Nähe vom Ammersee auf dem Weg zur Arbeit, und dann hoppelt auf der Strecke zwischen Herrsching und seinem Ortsteil Breitbrunn ein Känguru über die Straße: "Das war schon eine besondere Begegnung. Ich habe gedacht, ich bin im falschen Film", erzählt der Projektentwickler Patrick Windisch aus Augsburg am Tag danach.
Den Schreck am Dienstag in der Früh hatte er schnell verdaut, geistesgegenwärtig das Beuteltier am Fahrbahnrand gefilmt und das Video ins Netz gestellt. Mehr als eineinhalb Millionen Menschen haben es seither angeschaut. Und das Tier, das am Montagabend aus einem Privatgehege bei Breitbrunn ausgebüxt ist, befindet sich weiter auf der Flucht. Autofahrer und Spaziergänger müssen sich derzeit also auf eine Überraschung in der heimischen Fauna gefasst machen, besonders in der Umgebung von Herrsching.

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Vom ehemaligen Perger-Gelände in Breitbrunn ist das Wallaby, so die eigentlich korrekte Bezeichnung des Beuteltiers aus der Familie der Kängurus, am Montag ausgebüxt. Auf dem Areal beherbergen der Eigentümer Josef Schernthaner und seine Partnerin Verena Flatischler, ein ganzes Sammelsurium an Tieren, darunter zehn Wollschweine, vier Esel, Riesenhasen und Schwarznasenschafe.
Der Mini-Zoo ist mittlerweile zu einer Attraktion für viele Buben und Mädchen aus der Umgebung geworden. Kindergärten unternehmen mit ihren Gruppen Ausflüge zum Landgut Schernthaner und verbringen halbe Tage dort, auch für Schulklassen ist es ein beliebtes Ziel für Exkursionen. Dort gibt es auch einen Hofladen, in dem Eltern in Ruhe einkaufen können, während ihre Kinder mit den vielen Tieren beschäftigt sind. Seit 2017 gehört das Grundstück im Süden von Breitbrunn dem 42-jährigen Garten- und Landschaftsbauer mit Hauptsitz in Neuried.

Am vergangenen Samstag sind als neue Attraktion zwei Wallabys von einem privaten Züchter aus Uffing hinzugekommen; eines davon hat aber bald eine Schwachstelle im neu gebauten, etwa zwei Meter hohen Zaun gefunden und streunt seitdem alleine umher. "Es hat sich da irgendwie durchgewurschtelt. Das andere ist noch ganz gechillt bei uns", berichtet Schernthaner am Mittwoch.
Wie es dem flüchtigen Beuteltier geht, ist schwer zu sagen. Seit Dienstagmorgen wurde es nicht mehr gesichtet. Das Wallaby-Männchen ist drei Jahre alt und mit seiner Größe von etwa 75 Zentimetern ausgewachsen. Es bevorzuge eine ähnliche Ernährung wie Hasen, weiß sein Besitzer: "Mit Heu und Gras kommt es gut über die Runden. Eigentlich lebt es hier wie Gott in Frankreich". Selbst frostige Temperaturen könne es gut aushalten.
Das Tier wieder einzufangen, werde jedenfalls sehr schwierig, glaubt er. Hoffnungen setzt er auf den ehemaligen Münchner Tierpark-Chef Henning Wiesner, der mittlerweile im Landkreis Starnberg lebt. Eine Spezialität des Tiermediziners ist es, Wildtiere aus der Distanz per Blasrohr zu betäuben. Aber zuerst muss der Wallaby zur Ruhe kommen und wieder gesichtet werden.
Mit einem gewissen Schmunzeln verfolgen insbesondere Kenner einer von dem Kabarettisten Marc-Uwe Kling erfundenen Figur die Abenteuer des Beuteltiers auf der Flucht. Ein kommunistisches Känguru spielt die Hauptrolle in Büchern, Hörspielen und Kinofilmen. Seine Lieblingsspeisen sind Schnapspralinen und Eierkuchen. Was prompt in einem der zahllosen Kommentare zu Windischs Tiktok-Film auftaucht.