Süddeutsche Zeitung

Justiz:Unachtsam und weiter

Paketfahrer steht wegen Unfallfluchten vor Gericht

Von Christian Deussing, Starnberg

Der junge DHL-Paketfahrer hatte es offenbar eilig und passte nicht auf. Denn beim Wenden rammte der Seefelder im Juni 2020 in Pöcking mit seinem gelben Kleintransporter ein Mülltonnenhäuschen, das sich dadurch auf ein abgestelltes Wohnmobil schob und dessen Fenster zerkratzte. Doch er fuhr weiter. Zudem warf die Staatsanwaltschaft dem 21-jährigen Angeklagten vor, nur 13 Tage später in der Feldafinger Bahnhofstraße ein geparktes, nagelneues Auto touchiert und am Kotflügel einen Schaden in Höhe von fast 4000 Euro verursacht zu haben. Auch hierbei soll er sich aus dem Staub gemacht haben.

Die erste Unfallflucht räumte der 21-Jährige am Dienstag vor dem Starnberger Jugendgericht ein, nicht aber den Vorfall in Feldafing. "Den habe ich gar nicht bemerkt", beteuerte der junge Mann, der inzwischen als Schankkellner arbeitet und nicht mehr Pakete zustellt. Ob dies mit den Vorkommnissen in Pöcking und Feldafing zu tun habe, wollte Richter Ralf Jehle wissen. "Nein, die DHL hat mich entlassen, beziehungsweise meinen Vertrag nicht verlängert, weil ich noch mehr Unfälle gebaut habe", antwortete der Angeklagte trocken.

Allerdings konnte man dem Ex-Paketdienstfahrer den seitlichen Crash in Feldafing nicht zweifelsfrei nachweisen. Ein Gutachter vom Landeskriminalamt (LKA) entdeckte zwar an dem beschädigten Auto einen Abrieb des speziellen, gelben Lacks von DHL-Transportern. Diese Hausmarkenfarbe hätten aber auch andere Fahrzeuge der Deutschen Post. Befragt wurde dazu ein Mitarbeiter der Post-Security, der das Fahrtenbuch des Angeklagten ausgewertet hatte. Demnach sei der Mann an jenem Junitag zwischen 12 und 12.50 Uhr in Feldafing unterwegs gewesen. Der Zeuge gab aber auch an, dass eine halbe Stunde zuvor ein Briefzusteller aus Starnberg mit seinem gelben Elektrofahrzeug im selben Ort gewesen sei. Ob womöglich noch ein anderer Fahrer vom Expressdienst der Post an dem Tag in der Gemeinde seine Route hatte, konnte der Zeuge nicht mitteilen.

Weil die Unfallflucht in Feldafing nun nicht mehr eindeutig aufzuklären war, wurde das Verfahren gegen eine Geldauflage von 500 Euro eingestellt. Den ehemaligen Paketfahrer wies das Gericht an, den Betrag an einen gemeinnützigen Alten- und Krankenpflegeverein zu überweisen. Der Angeklagte schien sehr erleichtert zu sein.

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Quelle:
SZ vom 02.02.2022
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