Jugendfilmfest:Grauen des Kriegs

Bahman Ghobadis "Life on the boarder"

Von Carina Seeburg, Starnberg

Das kaum in Worte zu fassende Entsetzen, die Trauer und die Tapferkeit von Kindern, die Krieg erlebt und Angehörige verloren haben - das alles ist Thema in dem Film "Life on the boarder". Der kurdische Regisseur Bahman Ghobadi hat Kindern aus den Flüchtlingslagern von Kobanê und Şingal die Chance gegeben, Grundlagen des Filmemachens zu erlernen. Er stellte den 12- bis 14-Jährigen Kameras zu Verfügung, um ihre Geschichten mit der Welt zu teilen. In acht Kurzfilmen geben die jungen Menschen Einblicke in ihr Leben.

"Ich bin Devolan und komme aus Kobanê. Mein Vater ist sehr krank, aber wir bekommen keine Medikamente im Camp", stellt sich ein 13-jähriger Junge vor, der in den folgenden Szenen auf der verzweifelten Suche nach Medikamenten ist. Devolan irrt zwischen den provisorischen Zelten umher und bekommt überall die gleiche Antwort: "Es ist Krieg. Wir haben keine Medikamente mehr. Alle warten auf das Flugzeug."

Der Kurzfilm von Devolan Kekha zeigt alltägliche Szenen inmitten des Ausnahmezustands: Jungen spielen auf dem staubigen Boden zwischen den Zelten Fußball, ein Liebespaar feiert provisorisch Hochzeit. Am Ende richten Männer, Frauen, und Kinder ihren Blick gen Himmel - sie warten auf das Flugzeug. Ob es das Camp noch rechtzeitig erreicht, bleibt offen.

Die acht Episoden wechseln zwischen Dokumentar- und Spielfilm. Jeder junge Regisseur hat eine andere Erzählweise gewählt. "Wir waren in den Şingal-Bergen, sie nahmen meine Schwester, mich wollten sie auch, aber ich rannte", beginnt die 14-jährige Basmeh Soleiman ihre Geschichte.

Auf der Flucht vor dem IS hat Basmeh ihre linke Hand durch eine Landmine verloren. Sie wurde gefangen, verletzt, alleine in der Wüste ausgesetzt. Zu sehen ist eine junge Frau inmitten weißer Flüchtlingszelte. Mit fester Stimme erzählt Basmeh von der sexuellen Gewalt gegen jesidische Frauen und Mädchen. Der Kurzfilm zeigt das Leid und die Ungewissheit, mit der die Angehörigen der verschleppten Jesidinnen zu kämpfen haben, und richtet einen flammenden Appell an die Welt, die vom IS versklavten Frauen und Mädchen zu befreien.

Jede Episode von "Life on the boarder" zeichnet die Geschichte junger Menschen nach, die viel zu schnell erwachsen werden und Verantwortung für sich, jüngere Geschwister oder die eigenen Eltern übernehmen mussten. Dass mit dem Filmprojekt des Regisseurs Bahman Ghobadi etwas Freude und neue Hoffnung in ihr Leben kam, zeigt sich, als Basmeh mit zuversichtlichem Blick in die Kamera sieht und sagt: "Ich will Regisseurin werden".

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