Jugendarbeit:Wolpertinger in Virginia

Vier Starnberger nehmen am Pfadfindertreffen in den USA teil, zu dem 47 000 Jugendliche erwartet werden. Die nach dem bayerischen Fabeltier benannte Gruppe reist mit Dirndl und Lederhosen

Von Ute Pröttel, Berg

Die große Super-Jurte der Berger Pfadfinder ist bereits in den USA angekommen. Am Freitag folgten ihr die vier Pfadfinder Lina, Maria, Christian und Martin aus Berg und Söcking nach. Zusammen mit 1300 weiteren deutschen Pfadfindern nehmen sie teil am großen weltweiten Pfadfindertreffen in Virginia. Dazu haben sie ohne weiteres von den Direktoren ihrer Schulen eine Befreiung für die letzte Schulwoche bekommen.

Maria hatte ihren Rucksack bereits am Mittwoch vor der Abreise fertig gepackt. Drei Stunden hat sie gebraucht, um alles unterzukriegen, was mit muss (Schlafsack, Geschirr, Funktionskleidung) und mit soll (Halstücher und diverse Patches zum Tauschen im Camp, dazu ein Tagebuch). Ob sie denn bei dem umfangreichen Programm auf dem World Jamboree überhaupt Zeit finden wird, Tagebuch zu schreiben? Die 14-Jährige aus Söcking zuckt mit den Schultern. "Der Flug ist ja schon mal ziemlich lang. Und am Flughafen werden wir auch einige Zeit haben. Da kann ich mir wenigstens schon mal Gedanken machen, was mich erwartet."

"Seit Dienstag dieser Woche ist auch die Jamboree-App freigeschaltet", erzählt die 17-Jährige Lina von den Berger Pfadfindern. Seit sie mit acht Jahren der Gruppe beigetreten ist und ein Wölfling war, will sie am großen Pfadfindertreffen, das alle vier Jahre auf einem anderen Kontinent stattfindet, teilnehmen und hat in den vergangenen Jahren darauf gespart. "Vom Geld, das ich zur Firmung bekam, habe ich etwas zur Seite gelegt, und ich gebe regelmäßig Nachhilfe", sagt sie. Etwa 2500 Euro kostet der ganze Spaß. Inklusive sind dabei vier bis fünf Vorbereitungscamps und die spezielle Kluft für das Event. Sie besteht aus einem petrolfarbenen Hemd und rotfarbigen Ringehalstuch. Voraussetzung für die Teilnahme ist auch, dass jeder Pfadfinder ein Handy hat.

Aufkirchen Pfadfinder

Abenteurer auf dem Sprung: die Pfadfinder Martin, Lina, Christian und Maria (von links) kurz vor ihrer Abreise zum World Jamboree in den USA.

(Foto: Georgine Treybal)

47 000 Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren samt Betreuer erwarten die Veranstalter in Virgina. "Es gab so einen großen Andrang," weiß Lina, "dass die Veranstalter die Anmeldungen vorzeitig beenden mussten." Organisiert wird der 24. World Scout Jamboree gemeinschaftlich von den Pfadfinderverbänden der USA, von Kanada und Mexiko.

"Per App kann man verschiedene Zelte und Orte im Camp anpeilen", erzählt Lina weiter, "und sie zeigt nicht nur den Weg dorthin, sondern auch wie lange das zu Fuß dauert". Außerdem listet die App das gesamte Programm für die Zeit vom 22. Juli bis zum 2. August auf. "Unlock a New World" lautet das Motto des diesjährigen Jamborees - eröffne dir eine neue Welt.

Der 15-jährige Martin hat die App noch nicht näher studiert. Er hatte sein Handy verschmissen und gerade erst wieder gefunden. Trotzdem weiß er ziemlich genau, was ihn in den zehn Tagen im Camp erwartet. Vor allem die Outdoor-Aktivitäten haben es ihm angetan. "Ich will unbedingt Raften gehen und an der Zip-Line über das Camp fliegen." Sage und schreibe neun Kilometer ist die Seilrutsche lang, und man saust mit bis zu 80 Stundenkilometer über die Landschaft.

Aufkirchen Pfadfinder

Ihr Patch haben die Pfadfinder selbst entworfen, der Aufnäher zeigt das bayerische Fabelwesen Wolpertinger.

(Foto: Georgine Treybal)

Neugierig sind die vier auch, wer die Rede bei der Opening Ceremonie halten wird. Nachhaltigkeit ist das Schwerpunkthema des diesjährigen Treffens, denn neben den sportlichen Aktivitäten geht es auch um politische Bildung und darum, fremde Kulturen besser kennen zu lernen. Dazu dient etwa der Cultural Day, an dem die Teilnehmer landesspezifisch kochen sowie Traditionen und Bräuche vorstellen. Lina und Christian haben dafür Dirndl und Lederhosen eingepackt.

Ein Camp das beinahe doppelt so viele Bewohner beherbergt wie Starnberg Einwohner hat? Können sie sich das vorstellen? "Ich glaube, das wird das Eindrucksvollste, was ich bisher erlebt habe", meint Martin. "Schon das Treffen des deutschen Kontingentes im hessischen Immenhausen über Christi Himmelfahrt hat ihn sehr beeindruckt. "Mehr als 1000 Jugendliche alle in der gleichen Kluft. Das war wie ein riesiges Meer ...", erinnert er sich. Seit einem Jahr läuft für die Teilnehmer bereits die Vorbereitung. Erst trifft man sich in seinem Trupp. Das sind 36 Jugendliche und vier Betreuer. Es geht darum, sich kennenzulernen, aber auch seinem Trupp einen Namen zu geben und ein Patch zu entwerfen, das dann als Erkennungszeichen, aber auch als Tauschtrophäe dient. "Zwei rein bayerische Trupps gibt es", erzählt Lina. Der Trupp, in dem die vier Starnberger unterwegs sind, nennt sich "Wolpertinger". Mit ihm gehen die vier dann auch nach dem Camp noch für zehn Tage auf Tour in Richtung Kanada. Und bevor es am Montag los geht, besuchen sie die Hauptstadt der USA, Washington D.C. Ihre Geschwister und Mitschüler müssen sich einstweilen noch eine Woche gedulden, bevor auch für sie endlich das Abenteuer Sommerferien startet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: