Jugend musiziert:Die Angst vor dem Vergeigen

Doch das passiert nicht: Noah Mirlach (12) und Elisabeth Buchner (17) gewinnen mit ihren Bratschen beim Landeswettbewerb von Jugend musiziert und dürfen im Mai zum Bundeswettbewerb antreten

Von Ute Pröttel, Gauting/Weßling

Er dachte, er hätte den Landeswettbewerb vergeigt. "Das Vorspielen kam mir sehr lange vor und mein Gefühl hinterher war nicht so gut", erzählt Noah Mirlach von seiner Teilnahme am 53. Landeswettbewerb von "Jugend musiziert" in Regensburg. Auch Elisabeth Buchner empfindet das Vorspielen beim Landeswettbewerb immer als besondere Herausforderung. Die 17-jährige Weßlingerin hat bereits mehrere Male am Wettbewerb teilgenommen. Dieses Jahr ist sie erstmals als Solistin dabei. Noah und Elisabeth spielen beide Bratsche und starten als einzige Vertreter des Landkreises Starnberg beim Bundeswettbewerb von Jugend musiziert. Dieser findet von 9. bis 19. Mai in Kassel statt.

Vergeigt würde Noah sicher nie sagen, dafür ist der 12-Jährige zu ernsthaft. Vielleicht hatte er aber auch nur zu intensiv versucht umzusetzen, was an seinem Vorspiel beim Regionalwettbewerb sechs Wochen zuvor kritisiert worden war, nämlich dass er oft ins Publikum geguckt habe. Sein Spiel jedenfalls überzeugte die Jury des Landeswettbewerbs und sie luden ihn zum Konzert der Preisträger was gleichbedeutend ist mit einer Weiterleitung zur nächst höheren Stufe von Jugend musiziert, dem Bundeswettbewerb. "Das konnte ich erst gar nicht fassen" erzählt er. Doch dann war die Freude groß. Bei Noah, seiner Mutter und den beiden älteren Schwestern, die alle mit nach Regensburg gekommen waren. Mit sechs Jahren hat er begonnen Geige zu spielen.

Jugend musiziert: Noah Mirlach darf als einer von zwei Teilnehmern aus dem Landkreis Starnberg beim Bundeswettbewerb Jugend musiziert in Kassel mitmachen.

Noah Mirlach darf als einer von zwei Teilnehmern aus dem Landkreis Starnberg beim Bundeswettbewerb Jugend musiziert in Kassel mitmachen.

(Foto: Arlet Ulfers)

Vor drei Jahren wechselte Noah auf Bratsche und hat seither Unterricht bei der Münchner Koryphäe Urs Stiehler. Den Entschluss bei Jugend musiziert mitzumachen, hat der Waldorfschüler ganz allein getroffen und seine Eltern damit eher überrascht. Als er dann auch noch ein neues Instrument aus der renommierten Meisterwerkstatt Peter Erben bekam war die Motivation perfekt. "Der Klang meiner neuen Bratsche ist viel schöner und voller", erzählt er stolz. Sie ist noch eine Stufe vor der Normalgröße und Noah hat einige Instrumente ausprobiert bevor er und seine jetzige Bratsche zusammenfanden. Die Mühe hat sich gelohnt, die beiden sind ein gutes Team.

Fünfzehn Minuten muss er in seiner Alterklasse vorspielen, drei Stücke hat er sich ausgesucht, darunter die Trauermusik von Hindemith, ein Concerto c-moll von Johann Christian Bach sowie die Bachsuiten von dessen Vater. Die spielt er nun aber erst einmal überhaupt nicht. Erst drei Wochen vor dem Wettbewerb hat sein Lehrer empfohlen. Bis dahin übt er jeden Tag Technik und hat einmal die Woche Unterricht. Bleibt da noch Zeit für Hausaufgaben und andere Hobbys? "Die Hausaufgaben stören mich nicht am Bratsche üben", sagt Noah mit einem Grinsen. Und auch für die Hobbys bleibt noch genug Zeit. Er spielt Tennis, geht zum Rudern und zeichnet gerne. Berufsmusiker möchte er trotz seines Erfolges nicht werden. "Ich will zum Film," da ist sich der 12-Jährigen jetzt schon sicher.

Jugend musiziert: Elisabeth Buchner begleitet Noah Mirlach. Sie haben zwei Tatsachen gemeinsam: Sie spielen beide Bratsche und das sogar sehr gut.

Elisabeth Buchner begleitet Noah Mirlach. Sie haben zwei Tatsachen gemeinsam: Sie spielen beide Bratsche und das sogar sehr gut.

(Foto: Arlet Ulfers)

Elisabeth Buchner ist mit ihren 17 Jahren beinahe schon so etwas wie ein alter Hase bei "Jugend musiziert". Sechs oder sieben Mal hat sie bereits teilgenommen. Dreimal schaffte sie es durch alle drei Instanzen in den Bundeswettbewerb. Vor zwei Jahren gewann sie den Bundespreis mit dem Quartett. "Eigentlich wollte ich mir den Stress nicht mehr antun", gesteht die hochgewachsene Schülerin. Das Schwierigste an der Teilnahme ist für sie, auch noch im Bundeswettbewerb das ausgewählte Programm frisch und begeistert zu präsentieren. Doch ihren Bundespreis mit dem Quartett versüßte ihr die Deutsche Stiftung Musikleben mit einem hochwertigen Leihinstrument. Sie fuhr nach Hamburg und durfte sich bei der Stiftung eine von vier Bratschen auswählen.

Ihr Traum ist eine Karriere als Orchestermusikerin. Also dann doch noch Mal Jugend musiziert, diesmal als Solistin. Unterricht hat Elisabeth beim ersten Solobratscher des Bayerischen Staatsorchesters Adrian Mustea. "Er hat mir sehr geholfen, meine Aufregung in den Griff zu bekommen", erzählt sie, denn Lampenfieber und Zitteranfälle kurz vor dem Auftritt kennt sie sehr wohl.

"Einmal konnte ich vor lauter Zittern meinen Bogen gar nicht richtig halten." Jetzt kann sie darüber lachen. Den Bundespreis in diesem Jahr zu gewinnen hält sie für aussichtslos. "Das Niveau ist viel zu hoch", schätzt sie, aber die Atmosphäre ist immer besonders und alle Mühe und Aufregung wert.

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