Umringt von Weltraum-Accessoires, wie einem ISS-Modell oder einem Astronautenanzug sind die Stände der Jugendlichen aufgebaut. Manche können von ihrem Platz aus sogar einen Blick auf das Columbus-Kontrollzentrum erhaschen. An einem der 36 Wettbewerbsstände stehen die beiden Schülerinnen Anna Klymenko (18) und Helena Link (17). Sie haben es geschafft und belegen mit ihrem Projekt „Chartovum: Die Verwertung von Eierschalen zu einer Papieralternative“ den ersten Platz. Sie sind damit unter den sechs Gewinnern des 60. Regionalwettbewerbs.
Dazu mussten sie einiges vorweisen: eine schriftliche Arbeit über ihr Projekt, einen Stand mit Plakaten konzipieren, vor Ort die Preisrichter von ihrem Projekt überzeugen und bei Fragen Rede und Antwort stehen. Ziel der beiden Zwölftklässlerinnen ist es, nachhaltiges Papier aus der Membran von Eierschalen herzustellen. Denn nach ihrer Ansicht ist es sehr umweltschädlich, so viel Holz, Wasser und Chemikalien für normales Papier zu verwenden - besonders dann, wenn man es nicht recycele.
Argumente, um die Jury zu überzeugen, haben sie natürlich auch parat: Denn in Deutschland verbrauche eine Person pro Jahr 230 Eier, zum Beispiel in Kuchen oder Pasta, dazu kämen noch 230 Kilogramm Papier, argumentieren sie. Ihre Idee: Wenn man die Eierschalen von Hühnerhöfen oder Privathaushalten, die sonst entsorgt würden, nutze, könne man eine brauchbare Papieralternative entwickeln. Die beiden Jungforscherinnen nehmen bereits zum dritten Mal am Wettbewerb teil. Ihr Papier-Projekt haben sie inzwischen weiterentwickelt, sodass sie nun benutzbares Papier in Händen halten können.

Neben den beiden Zwölftklässlerinnen haben auch die anderen Gewinner 75 Euro Preisgeld erhalten und dürfen nun weiter zum Landeswettbewerb nach Klingenberg reisen. Ziel von „Jugend forscht“ ist es, junge Menschen frühzeitig für Wissenschaft und Forschung zu begeistern und Talente gezielt zu fördern. Tobias Schüttler ist Gymnasiallehrer für Physik und Mathematik und war mehr als zehn Jahre Juror. Er ist am DLR in der Nachwuchsförderung tätig und leitet das DLR_School_Lab. Er lobt das hohe Niveau der Projekte: „Man darf die ‚Jugend forscht‘-Arbeiten nicht unterschätzen, gerade auch beim Bundeswettbewerb.“ Die Arbeiten würden zum Teil in wirklichen Patenten münden. Da sei schon „viel echte Innovation dabei“.
Laut Schüttler machten sich die Juroren die Entscheidung auch nicht leicht. Sie würden sich, wenn es dann um die Sieger gehe, erst im Fachbereich und danach im Plenum über die jeweiligen Arbeiten beraten. Schüttler weiß aus Erfahrung, dass man dort als Juror stets gute Argumente brauche, um die anderen Preisrichter, in der Regel sind es Lehrer oder Wissenschaftler, zu überzeugen. Schließlich mache sich jeder stark für seine Jungforscher. Für Schüttler ist dies auch ein schöner Aspekt der Juryarbeit.
Projekte aus sieben Fachbereichen
Beim 60. Wettbewerb wurden auf dem Gelände des DLR, dem Partnerunternehmen des Wettbewerbs, Projekte aus sieben Fachbereichen vorgestellt. Unter den ersten Plätzen war noch eine weitere Arbeit aus der Biologie: der „Einfluss des Klimawandels auf das Auftreten seltener Singvögel auf Helgoland“ von Dominik Mayer (16). Aus der Chemie gewann Niklas Kahlert (17) mit seiner Arbeit „Kunststoff aus Chitosan“. Sein Projekt ist im Rahmen eines Wahlkurses an seiner Schule entstanden, und er möchte seine Arbeit im kommenden Jahr für sein W-Seminar verwenden. Wie Kahlert erklärt, sei Chitin nach Zellulose das weltweit zweithäufigste Biopolymer. Man könne es sowohl aus Pilzen als auch aus dem Exoskelett von Echsen oder aus Krabbenschalen gewinnen, berichtet er. Und weil ihn chemische Prozesse sehr interessieren, kann sich Niklas Kahlert gut vorstellen, später einen Beruf zu ergreifen, bei dem die Chemie eine Rolle spielt.

Sienna Drack (16) und Claire Dillmann (17) sind quasi „Wiederholungstäterinnen“. Sie haben nachgezählt und sind bereits zum siebten Mal beim Wettbewerb dabei. Mit ihrer diesjährigen Arbeit „Der Mond als Spiegel der Erde“ haben sie in den Geo- und Raumwissenschaften gewonnen. Was sie an „Jugend forscht“ besonders begeistert, ist der große Lerneffekt. So hätten sie schon Projekte gemacht, durch die sie Vorwissen für den Physikunterricht der nächsten Jahrgangsstufe sammeln konnten. Im Bereich Mathematik/Informatik schnappten sich Leon Gundel (17) und Tymoteusz Wilk (18) mit ihrem Projekt „Erweiterung der Matrixalgebra auf Verbände und deren Anwendungen“ den ersten Platz und in der Technik siegte Hannes Bierl (17) mit seiner Arbeit „Ein experimentelles Go-Cart (Drift-Trike)“.
Der Elftklässler erzählt, wie er aus einem Motor und einem alten Fahrrad ein Gefährt gebaut habe, mit dem er nicht nur fahren, sondern auch Messungen machen könne. Er habe das Anfahrverhalten analysiert und Lösungen gefunden, ein Gefährt dieser Art funktionstüchtig, aber möglichst günstig herzustellen. Dabei habe auch das Thema Wiederverwendung eine wichtige Rolle gespielt. So diente etwa ein Computercase als Sitzgelegenheit. Den Benzinmotor, habe er aus Kostengründen verwenden müssen, sagte Bierl. In Zukunft sei aber ein Elektromotor geplant. Sein Projekt habe er gemeinsam mit Freunden aus Spaß begonnen, dann hätten sie es noch größer aufgezogen und Daten gesammelt, sodass es für „Jugend forscht“ passe. Der Elftklässler erzählt, er habe vor Ort auch schon nützliche Kontakte für die Zukunft seines Projektes geknüpft.

Auch die jüngeren Preisträger dürfen mit drei Projekten am Landeswettbewerb teilnehmen. So präsentierten Laura Saupe (11) und Louis Zinser (11) dort ihr „LED-Spektrometer“. Soham Rath (14) stellte den „MikroMaus LabyrinthMeister“ vor. Und Erik Kampschulte (11) und Paul Schwarz (12) zeigten ihren „Windkanal für Autokarosserien“. Für jüngere Teilnehmer endet der Wettbewerb auf Landesebene. Die älteren Schüler bekommen indes noch die Chance, einen Platz für den Bundeswettbewerb in Hamburg zu ergattern.