Süddeutsche Zeitung

Josef Jägerhuber:Der Wetterprophet vom Starnberger See ist tot

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Seit 1960 zeichnete er täglich das Wetter auf - und traf Vorhersagen für ganze Jahre. Jörg Kachelmann warf ihm Scharlatanerie vor.

Von Otto Fritscher, Starnberg

Der Starnberger Wetterguru, wie er von den Medien gerne bezeichnet wurde, kann keine Vorhersagen mehr machen. Josef Jägerhuber ist am vergangenen Samstag im Alter von 92 Jahren gestorben. Er gehörte zu den bekanntesten Starnbergern. Und das nicht, weil er ein berühmter Schauspieler oder Millionär gewesen ist, sondern wegen seiner beliebten Wetterprognosen, die er immer am Anfang eines jeden Jahres für die kommenden zwölf Monate vorstellte.

Seine Vorhersagen hatten bundesweit und darüber hinaus Beachtung gefunden, der Boulevard, aber auch private Fernsehsender besuchten Jägerhuber dann in seiner Starnberger Wohnung über der Druckerei, die er mit 21 Jahren von seinem Vater übernommen hatte. Fast 60 Jahre lang hat Jägerhuber akribisch jeden Tag das Starnberger Wetter in einer Kladde aufgeschrieben. Die Werte über Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Niederschlag hat ihm eine kleine Wetterstation geliefert, die er auf seinem Balkon im dritten Stock aufgestellt hatte. Gerne war er hier oben, den See im Blick, das Alpenpanorama, wenn es zu sehen war, und natürlich dann ganz rechts das St.-Josefs-Kirchlein, eines der Wahrzeichen von Starnberg.

Er war davon überzeugt, dass sich das Wetter alle sieben Jahre wiederholt

Das Wetter war es, was es Jägerhuber angetan hatte. Seit 1960 machte er akribisch Aufzeichnungen. Und er war überzeugt davon, dass sich das Wetter im Sieben-Jahres-Rhythmus wiederholt. Und manchmal hatte er recht, nicht immer natürlich, schließlich sagte er auch, seine Vorhersagen seien "unverbindlich und ohne Gewähr". Aber er wurde offensichtlich von seinen studierten Kollegen, den Meteorologen, wahrgenommen.

"Die vom Hohenpeißenberg haben mir gesagt, dass meine Prognosen oft richtig sind", erzählte er gerne, und es schwang ein bisschen Genugtuung mit in seinem bairischen Dialekt. Der Vorwurf von Jörg Kachelmann, er sei ein Scharlatan, muss ihn doch mehr getroffen haben, als er je zugab. Andere wiederum haben ihren Jahresurlaub nach seinen Vorhersagen gerichtet, und jedes Jahr rief ihn eine Hamburgerin an, wann denn das beste Wetter sei, um in ihrer Ferienwohnung am Starnberger See Urlaub zu machen.

In seiner Druckerei wurden nach dem Krieg, den er an der Ostfront miterlebte und aus dem er mit einem Lungensteckschuss zurückkehrte, zuerst Lebensmittelmarken und Passagierscheine gedruckt. Und dann alsbald auch wieder die Lokalzeitung Land- und Seebote, die bis 1990 drei Mal in der Woche erschien. "Ich habe 15 bis 20 Stunden am Tag gearbeitet, aber das war nicht schlimm. Ich war froh, frei und wieder daheim zu sein", erinnerte er sich. Solange es ihm möglich war, ging er jeden Tag hinunter in sein Büro, um Texte Korrektur zu lesen, die dann von anderen Druckereien gedruckt wurden.

35 Jahre war Jägerhuber bei der Feuerwehr engagiert

Jägerhuber haderte zwar manchmal mit seiner Stadt und den Verantwortlichen, aber er hat Starnberg doch geliebt - und viel für die Stadt getan. 1987 wurde ihm die goldene Bürgermedaille verliehen. 35 Jahre lang war er bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv, war bei fast jedem Einsatz dabei, setzte sich für den Bau des Feuerwehrhauses ein - und vergaß die Fahnenweihe nicht. So aufgeschlossen sich Jägerhuber, der Ehrenvorstand der Wehr, manchen Dingen gegenüber zeigte - er war auch Traditionalist.

Nun ist der Wetterbeobachter kurz vor seinem 93. Geburtstag gestorben. Jägerhuber war vor einem Jahr in seinem Haus gestürzt und hatte sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen. Der Familie zufolge schlief er am Samstag friedlich ein. Der Beerdigungstermin steht noch nicht fest.

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Quelle:
SZ vom 12.03.2019
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