Jazz-Konzert:Bis die Tenne wackelt

Bublaths 8 Cylinder in Bernried

Der Geiger Max Grosch brilliert beim Eröffnungskonzert des 2. Bernrieder Musikfestivals in der Tenne des Hofguts mit der Bigband von Matthias Bublath.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Matthias Bublath eröffnet die 2. Bernrieder Musiktage mit seiner "8 Cylinder Bigband feat. Max Grosch". Vor allem mit Rocknummern überzeugten die hochkarätigen Jazzer das nur spärlich vorhandene Publikum

Von Reinhard Palmer, Bernried

Bernried ist erwiesenermaßen eines der schönsten Dörfer Deutschlands. Aber wie wuchert man mit einem solchen Pfund? Die Geiger Max Grosch und Stefan Kirpal, letzterer vom klassischen Diogenes Quartett, in dem Grosch einst selbst in der Gründungsbesetzung spielte, kamen vor zwei Jahren auf die Idee, dort ein Festival zwischen Jazz und Klassik - Groschs musikalischem Background entsprechend - zu etablieren. Die künstlerische Leitung teilen sie sich.

Der erste Versuch im Café des Buchheim-Museums vor zwei Jahren war verbesserungswürdig. Doch nachdem das Unternehmen auf Gegenliebe von Bürgermeister Josef Steigenberger stieß, war der entscheidende Schritt getan. Zudem zeigte das "Hotel Marina" Interesse und bot die Tenne vom Hofgut als Konzerthalle an. In dem einem Schiffsrumpf nachempfundenen Holzbau überwintern sonst Segelboote. Nun bot es beim 2. Bernrieder Musikfestival ein paar hundert Plätze einer Luxusjacht. So viele Gäste kamen allerdings nicht, denn breitenwirksame Publicity ist allzu teuer. Steigenberger beschwor daher zur Eröffnung das anwesende Publikum, dem Unternehmen treu zu bleiben und die frohe Kunde davon zu mehren.

Der zweite entscheidende Schritt, der dem Unternehmen eine Zukunft verspricht, war die Entscheidung, nicht an der falschen Stelle zu sparen: Keine Kompromisse bei den Protagonisten. Und das kann eben bedeuten, dass im Eröffnungskonzert einfach mal achtzehn Spitzenmusiker auf der Bühne stehen. Abgesehen von der Bigband des Gymnasiums Kempfenhausen, die hier als Vorgruppe auftrat. "Matthias Bublath 8 Cylinder Bigband feat. Max Grosch", hieß es beim Hauptkonzert. Und es war nicht zu viel versprochen: Der getunte V8-Motor brachte schon ordentlich Power unters Gebälk. Wenn jedes Solo zum Starauftritt wird, ist es etwas irreführend, von einer Bigband zu sprechen, wo es in der Regel nicht unbedingt auf jeden einzelnen ankommt und oft nur gediegener alter Swing zu hören ist. Hier war es anders. Fast alle Kompositionen - Ausnahme "The Black Messiah'" von George Duke - stammen von Bublath und wurden von ihm für den mächtigen instrumentalen Apparat von 17 Mannen und für bestimmte Solisten arrangiert. Neben einem satten Aufgebot von vier Trompeten, vier Posaunen und fünf Saxofonen stand zudem mit den aktuellen und Ex-Passport-Meistern Christian Lettner am Schlagzeug, Patrick Scales am E-Bass und dem Australier Peter O'Mara an der E-Gitarre, ferner Matthias Bublath mit Hammond-Sound und E-Piano sowie ordentlich elektrisierter Max Grosch in gewisser Weise auch eine Jazzrock-Band zur Verfügung. Gerade beim Blues - leider erst in der Zugabe mit "Tutti joint" - oder Funk wie "Home Cookin'" vermochte sie einen besonderen Reiz zu entwickeln. Vor allem aber in Rocknummern wie "Dump The Goose", oder wenn ein Jazzstück in Gitarrenrock umschlug und selbst Grosch seinen Geigensound auf E-Gitarre frisierte wie etwa in "Eight Cylinder", wo die ohnehin schon kraftvolle Rockeruption schließlich mit Bläsern bis zum Schmetterblech gesteigert wurde, dass das Tennendach schier abhob. In "Bigband Outro Blow" im Finale als Kontrast fast bis zum ohrenbetäubenden Chaos überdreht. Das waren gewaltige Höhepunkte im Programm, in denen sich auch großartige Bläsersolisten wie die Trompeter Andreas Unterreiner, Reinhard Greiner und Florian Jechlinger, der australische Posaunist Adrian Mears oder Saxofonisten wie Ulrich Wangenheim, Florian Riedl, Alex von Hagke und Moritz Stahl mit packenden Einlagen gegenseitig überboten. Besonders farbenreiche Tupfen lieferten die erstaunlich leichten und luftigen Latin-Nummern wie "Nice Green Bo" oder mit kubanischem Buena Vista-Sound "Return to the Source". "Chunter" schrieb Bublath explizit für diesen Auftritt, um Grosch eine Gelegenheit zu geben, mit Wahwah-Effekten und Freitonalität Grenzgänge zu erproben. Ein packender Abend mit bester Konzertstimmung. Was wäre hier wohl bei voller Tenne und sommerlicher Witterung los gewesen? Die Antwort darauf werden hoffentlich weitere Auflagen des Festivals liefern.

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