Musik:Schönheit mit Tiefgang

Musik: Die drei Jazz-Musiker (v. li.) Gerald Preinfalk, Asja Valčić und Klaus Paier sind zu Gast im Feldafinger Bürgersaal.

Die drei Jazz-Musiker (v. li.) Gerald Preinfalk, Asja Valčić und Klaus Paier sind zu Gast im Feldafinger Bürgersaal.

(Foto: Nila Thiel)

Asja Valčić, Klaus Paier und Gerald Preinfalk präsentieren bei Jazz am See im Feldafinger Bürgersaal ihre klangsatten Kompositionen.

Von Reinhard Palmer, Feldafing

Manche Besetzungen geben ihre musikalische Ausrichtung quasi vor. Gerade wie in diesem Jazz-am-See-Konzert im Bürgersaal Feldafing, wenn das Instrumentarium eine sehr charakteristische Klangfärbung aufweist. Seit Jahren arbeiten die gebürtige Kroatin Asja Valčić am Violoncello und der österreichische Akkordeonist und Bandoneon-Spieler Klaus Paier zusammen und waren auch schon öfter in verschiedenen Formationen zu Gast in Feldafing. Das erlaubt eine gewisse Perfektion im Zusammenspiel, prägt aber auch einen eigenen musikalischen Charakter. Nicht zuletzt aufgrund der klassischen Ausbildung sowie der melodischen Stärke des Cellos tendiert er in Kompositionen von Valčić zu melancholischen Melodien, durchaus nostalgischer Art trotz leidenschaftlicher wie temperamentvoller Spielweise.

Paiers Instrumente sind eng mit dem Tango, Valse Musette sowie mit diversen folkloristischen Traditionen assoziiert. Mit einer Ausprägung also, die über die Weltmusik immer wieder auch in den Jazz gelangt und dort sinnliche Klangsubstanz, durchaus vergnügte Ausgelassenheit und eingängige Melodik einfließen lässt.

Auch die Kompositionen Paiers nutzen den besonderen Reiz der längst im Heute angekommenen Instrumente, angereichert mit packender Rhythmik und virtuosen Jazzskalen. In diesem Konzert forderte sich aber das Duo mit einem dritten Mitspieler und Komponisten heraus, der alles in einen ungewöhnlichen Kontext stellte - den der Neuen Musik. Gerald Preinfalk brachte als Vertreter der Ernsten Musik und als Hochschulprofessor für Saxophon in Graz am Sopransaxophon, an der Klarinette und an der Bassklarinette auch etwas Strenge ins Spiel, vor allem aber eine gewagtere Harmonik, die der so charakteristischen Klangfärbung des Trios eine kraftvoll-herbere Variante entlockte.

Ostinate, teils groovende Basslinien steckten den Rahmen für Improvisationen klar ab

Preinfalk ist orchestererfahren und firm in den zeitgemäßen musikalischen Formen, die bisweilen in klangexperimentellen Passagen besonders spannende Momente hervorbrachte. Vielleicht etwas zu sparsam, erahnte man doch gerade an diesen Stellen eine Menge Potenzial, sich jeglicher Gattungszuordnung zu entziehen. Valčićs Sanglichkeit und Paiers Heiterkeit mit dem kraftvollen avantgardistischen Zugriff Preinfalks unter einen Hut zu bringen, ist vielleicht zunächst schwer vorstellbar, gestaltete sich aber weitgehend selbstverständlich und geradezu widerspruchslos. Der Schlüssel dieser Synthese lag vor allem in der Emotionalität, die alle drei Musiker jeweils auf ihre eigene Art fokussierten, damit aber eine gemeinsame Basis schufen. Es ging eben nicht etwa um strukturelle Spielereien oder konzeptuelle Prozesse, auch wenn durcharrangiertes Zusammenspiel - immer wieder beeindruckend im rasant-virtuosen Unisono - und ostinate, teils groovende Basslinien den Rahmen für Improvisationen klar absteckten.

Im Vordergrund stand stets ein assoziativer Ausdruck von geradezu bildhafter Qualität, was durch die Titel auch befeuert wurde. In der Beschreibung der gemeinsam eingespielten CD "Fractal Beauty" ist von reinster Poesie die Rede, die man sich allerdings weder ätherisch noch abgehoben vorstellen darf. Aufmerksamkeit weckt auch in der Verbalisierung neben Klang, Dynamik und Virtuosität die angesprochene "Zerbrechlichkeit", die hier offenbar explizit beabsichtigt war. Was damit gemeint ist, lässt sich bei Titeln wie "Into the Spring", "Remember the Tango", "Just Wonderful" oder eben "Fractal Beauty" schon erahnen. Die Sensibilität der empfindsamen Passagen bescherte denn auch immer wieder überaus ansprechende Momente des Innehaltens, nicht zuletzt, um Kontraste zu klangsatten, bisweilen auch recht wilden Verdichtungen klar herauszuarbeiten.

Dieses weite Spektrum ging gewiss schon weit darüber hinaus, was man sich gemeinhin unter der gegebenen instrumentalen Besetzung erhofft hatte. Zumal wenn noch spieltechnische Finessen wie stummes Ventileklappern, Zupfcello oder Percussion auf dem Akkordeon-Blasebalg überraschende Akzente bescherten. Nach längerem coronabedingten Exil im Pöckinger Beccult fühlte sich die Rückkehr nach Feldafing mit dieser Musik und der Begeisterung des Publikums wieder richtig gut an.

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