Auszeichnung:Die Helfer im Hintergrund

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Die Integrationspreise des Ausländerbeirates wurden von der zweiten Vorsitzenden Larissa D'Avila da Costa (links hinten) und Landrat Stefan Frey verliehen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Erstmals gibt es im Landkreis Integrationspreise für Menschen, die versuchen, Geflüchteten den Start in der neuen Heimat zu erleichtern.

Von Christina Rebhahn-Roither, Starnberg

Im Landkreis Starnberg sind erstmals Integrationspreise vergeben worden. Der Ausländerbeirat und Landrat Stefan Frey überreichten am Montagabend die mit jeweils 1250 Euro dotierten Auszeichnungen: drei Hauptpreise für den Frauentreff für Geflüchtete, Norbert Franken und Uschi Koch-Bagli, sowie einen Sonderpreis in der Kategorie Kinder und Jugend für die Kulturgruppe der Nachbarschaftshilfe Weßling. Eine fünfköpfige Jury aus Beiratsmitgliedern hatte die Preisträger im Vorfeld ausgewählt, unterstützt von der Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises, Sophie von Wiedersperg. Was die Initiativen eint, ist persönliches Engagement und der Versuch, Geflüchtete besonders über die Sprache zu integrieren.

Frauentreffen für Geflüchtete

Seit August 2016 finden durch die private Initiative "Frauentreffen mit geflüchteten Frauen" monatliche Zusammenkünfte statt, die Teilnehmerinnen kommen aus Syrien, Irak, Afghanistan, Iran und dem Landkreis Starnberg. Susanne Temmler und Nadia Tihli organisieren die Treffen. Temmler erinnert sich, dass bei den Runden zunächst vor allem gebacken wurde, wie sie auf Anfrage sagt. Auch wenn der sprachliche Austausch nur begrenzt möglich sei, könne man so etwas gemeinsam schaffen und einen Beitrag leisten. Begonnen hat die Gruppe mit Blaubeermuffins, später gab es zum Beispiel auch syrische Bulgurtaschen. Über das Backen hinaus gab es Kochtreffen mit Seniorinnen und Schülern. Gemeinsam machte man sich ans Bemalen von Keramik, ein Kleidertausch und Schwimmunterricht wurden organisiert. Einmal im Jahr gibt es ein Zusammenkommen mit den Familien. Die Gruppe, die alle Altersstufen und verschiedene Religionen vereint und meist zwischen fünf und 20 Personen umfasst, trifft sich im Seniorentreff in Starnberg. Die Pandemie schränkte die Aktivitäten jedoch stark ein. Das Preisgeld will Temmler in weitere Aktivitäten investieren.

Lernunterstützung für Kinder

Der Preis ist "total unerwartet über mich hereingebrochen", sagt Norbert Franken, als er nach der Übergabe der Urkunde einige Worte an die Anwesenden richtet. Vorgeschlagen wurde er nämlich zunächst ohne sein Wissen von Beatrice Duday, die selbst in der Gemeinschaftsunterkunft in Percha tätig ist und über Franken sagt: "Er gibt den Kindern Kontinuität."

Seit etwa fünf Jahren engagiert sich Franken in der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber, er unterstützt dort Kinder bei den Hausaufgaben und spielt mit ihnen. Er selbst sagt: Er wolle den Kindern die Möglichkeit geben, Deutsch zu hören, zu lernen und zu sprechen. Dabei bessere er auch Fehler aus, oberlehrerhaft wirken möchte er aber nicht, wie er auf Anfrage erklärt. Zwei Mal pro Woche ist Franken in Percha, in Summe habe er schon 15 Kinder aus sieben Familien betreut, wie er sagt. Als der promovierte Biologe in den Ruhestand ging, habe er gedacht: "Irgendwas muss man machen", mittlerweile sei er für manche Kinder "einfach der Opa". Das Preisgeld will Norbert Franken in sein Ehrenamt investieren, zum Beispiel in Stifte oder auch in eine Runde Minigolf mit den Kindern.

Integrationspreise erhalten Norbert Franken für seine Unterstützung in der Gemeinschaftsunterkunft Percha (o.l.), Susanne Temmler für die Initiative "Frauentreffen mit geflüchteten Frauen" (o.r), Ulrike Roos von Rosen für die Kulturgruppe der Nachbarschaftshilfe Weßling (u.l.) und Uschi Koch-Bagli für ihr Engagement im Asylhelferkreis Feldafing. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Gemeinsame Filmprojekte

Die Sonderauszeichnung in der Kategorie Kinder- und Jugendpreis bekommt die Kulturgruppe der Nachbarschaftshilfe Weßling. Mit dem Ziel, einen Film zu produzieren, arbeiteten Einheimische und Geflüchtete zwischen zwei und 92 Jahren künstlerisch und handwerklich zusammen an einem Projekt. Bei der Preisverleihung wurde der Trailer des ersten größeren Spielfilms "Prinz Achmed und die Feenkönigin" gezeigt, den die Gruppe auf Grundlage eines Kinderbuches gestaltete. Mittlerweile laufen die Vorbereitungen für die Dreharbeiten des fünften Filmes. "Teilhabe fängt bei der Sprache an", sagt Ulrike Roos von Rosen der SZ. Bei der Arbeit an einem Film kämen viele Faktoren zusammen, die auch das Erlernen der Sprache erleichterten, etwa das Zuhören und die Begeisterung für eine Rolle.

Asylhelferkreis Feldafing

Uschi Koch-Bagli engagiert sich seit 2015 für Geflüchtete in Feldafing. Sie hat eine Kleiderkammer organisiert. Sie machte Führungen, um Leuten zu zeigen "wo die Gemeinde, die Post und die Kirche ist." Und sie gab Tipps, etwa dass die günstigen Produkte im unteren Supermarktregal zu finden seien. Aktuell gibt sie Nachhilfe, begleitet bei Behördengängen und unterstützt Geflüchtete bei der Ausbildungs- und Arbeitssuche. Mit Arbeit verbindet sie Würde, Integration und Sprachvermittlung. Das alles sei aber nur im Team möglich, sagt sie. Und: Die größte Leistung hätten die Migranten selbst erbracht. "Die wahren Helden sind die", sagt sie der SZ.

Geflüchtete, um deren Integration es ging, waren bei der Verleihung nicht anwesend. Das sei "leider der Coronapandemie geschuldet", heißt es aus dem Landratsamt, man habe auch nicht damit gerechnet, dass die Veranstaltung so viele Menschen betreffen würde.

© SZ vom 24.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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