Insolvenz:Der Dorfladen in Wörthsee ist am Ende

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Zu hohe Kosten, zu wenig Umsatz: Das ambitionierte Gemeinschaftsprojekt schließt überraschend. Den Mitarbeitern wurde zum 15. Januar gekündigt.

Von Christine Setzwein, Wörthsee

Ein ambitioniertes Gemeinschaftsprojekt, das mit viel Herzblut und Geld realisiert worden war, steht vor dem Aus. Der Dorfladen Wörthsee hat am Donnerstag beim Amtsgericht Weilheim Insolvenz angemeldet. Den insgesamt sieben Mitarbeitern wurde vorsorglich zum 15. Januar 2020 gekündigt. "Das ist das bittere Fazit zum eineinhalbjährigen Versuch, das Projekt Dorfladen in Wörthsee zu etablieren", schreiben die Geschäftsführer Christoph Lachmann und Maco Walz an die Gesellschafter. Zu wenig Umsatz und zu hohe Kosten seien die Gründe, warum es keine ausreichende wirtschaftliche Basis für ein Fortbestehen des Ladens gebe. "Ich bedauere das sehr", sagte Bürgermeisterin Christel Muggenthal am Sonntag.

Voller Elan haben die neuen Geschäftsführer und Beiräte im Frühsommer den Dorfladen Wörthsee übernommen. (Foto: Nila Thiel)

2014 hatten Hanna Weber, Roswitha Gahn und Hildegard Zehetbauer eine Vision: Einen Dorfladen mitten in Steinebach, der nicht nur der Versorgung der Bürger dienen, sondern auch ein sozialer Treffpunkt werden sollte. "Von Bürgern für Bürger" lautete das Motto. Doch bis es soweit war, dauerte es. Die Verhandlungen über den Mietvertrag mit der Kreissparkasse zogen sich hin, Genehmigungen bei Behörden mussten eingeholt, Zuschüsse beantragt, Lieferanten und Personal gefunden und eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft gegründet werden. Die größte Herausforderung war, genügend Anteilszeichner für das Genossenschaftsprojekt zu überzeugen. 220 Gesellschafter waren es schließlich, die den Dorfladen mit etwa 94 000 Euro auf den Weg brachten. Im Juni 2018 war Eröffnung. Es sollte ein richtiger Laden sein mit ambitionierten Öffnungszeiten, vielen Bioprodukten, Café und einem hochwertigen Mittagstisch. Dazu wurden Vorträge angeboten und donnerstags gab es eine "Blaue Stunde" mit Weinverkostung.

Alles nicht genug. Die angebotene Produktpalette habe "offensichtlich weder in ihrer Ausrichtung noch in ihrer Fülle die Erwartungen der Kunden getroffen", sagt Geschäftsführer Lachmann. "Die Umsatzentwicklung konnte die Kosten nicht decken." Die bei der Gründung abgeschlossene Staffelmiete sei am 1. April 2019 noch um 20 Prozent angestiegen und werde weiter steigen. Für Nebenkosten und Heizungskosten seien erhebliche Nachzahlungen für das Jahr 2018 zu leisten. Dazu kamen Lohnnachzahlungen und "einige Tausend Euro Anwaltskosten für die Beratung der ersten Geschäftsführung". Diese Altlasten fand die jetzige Geschäftsführung vor, die den Dorfladen erst im Frühsommer übernommen hatte.

Die Kunden blieben trotz allen Einsatzes aus. Die Anmeldung der Insolvenz war nötig. (Foto: Nila Thiel)

Damit nicht genug, hatte es sich das frühere Dorfladen-Team selber schwer gemacht. Es wurde gestritten und gekündigt, sogar ein Hausverbot gegen eine frühere Marktleiterin wurde erlassen. Die Beiräte fühlten sich schlecht informiert, Geschäftsführer wollten sich nicht in die Unternehmensführung reinreden lassen. Es gab Rücktritte und Rücktrittsforderungen. Lachmann: "Ein kaum zu beziffernder Imageschaden, der bis heute nachwirkt."

Aber auch von außen wurde Stimmung gemacht gegen den Dorfladen. Vor allem Alteingesessene taten das Projekt als "grüne Spinnerei" ab, behaupteten, die Gemeinde würde Geld zuschießen und schlossen sogar Wetten ab, wie lange der Dorfladen aushalten würde. "Da wurde viel erzählt im Ort, was nicht stimmt", sagt auch die Bürgermeisterin. Zwar habe der Gemeinderat 2016 eine Bürgschaft beschlossen, damit die Dorfladen-Initiative EU-Gelder aus dem Leader-Programm Ammersee beantragen konnte. Die Bürgschaft sei aber nie in Anspruch genommen worden und längst ausgelaufen. Muggenthal bleibt dennoch optimistisch, was den Dorfladen Wörthsee angeht. Vielleicht fänden sich engagierte Bürger, die ihn weiterführen.

Könnte sein. Wie Wolfgang Gröll mitteilt, werde er zusammen mit dem Insolvenzverwalter versuchen, eine Nachfolgegesellschaft zu gründen. "Es schaut gut aus", sagt der Unternehmensberater, der seit vielen Jahren bei der Gründung und dem Aufbau von Dorfläden mithilft.

Ein "Wohnzimmer" des Dorfes sollte der Dorfladen Wörthsee werden. Nach eineinhalb Jahren ist Schluss damit. (Foto: Nila Thiel)

Dass es schwierig werden würde, einen Dorfladen zu etablieren, "haben wir alle gewusst", sagt Gemeinderat Paul Grundler (Wörthsee Aktiv), stets ein Verfechter des Projekts. Er bedauert das Ende auch deswegen sehr, weil es um sehr viel mehr als nur ums Einkaufen ging: Der Laden sei zum echten Treffpunkt geworden.

Christoph Lachman drückt es so aus: "Nur wer es wagt, eine gute Idee zu leben, kann die Welt ein Stückchen besser machen. Wer das aber aus Angst vor dem Scheitern erst gar nicht wagt, ist immer schon gescheitert."

Bis Ende des Jahres ist die Belieferung des Dorfladens mit frischer Ware gesichert, alle vorbestellten Waren werden geliefert und können abgeholt werden. Bis zum 6. Januar ist dann wegen Inventur geschlossen. Die Stillen Gesellschafter sind für Montag, 13. Januar, zu einer Versammlung in den Augustiner eingeladen, Beginn ist um 19.30 Uhr.

© SZ vom 23.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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