Er ist eine Legende, Mitglied der „MotoGP Hall of Fame“ und Sportler des Jahres 1981. In seinem Heimatort Inning erinnert der Toni-Mang-Ring an den Ehrenbürger der Gemeinde. Eine Ehrung, die normalerweise nur Verstorbenen zuteil wird: Toni Mang, fünffacher Motorradweltmeister, ist jedoch quicklebendig. 75 Jahre ist er alt geworden. Anlass genug für den Verein „Heimatgeschichte Inning“, ihm eine Broschüre zu widmen, die an seine Glanzzeiten im Motorsport erinnert. Zur Buchpräsentation kam Mang mit Ehefrau Renate aus seinem Wohnort Zankenhausen in der Gemeinde Türkenfeld im Landkreis Fürstenfeldbruck. Im Gasthof „Silberfasan“ erwarteten ihn Fans und Freunde.
Auf einer Fotowand sieht man Bilder von Mang in extremer Schräglage auf dem Motorrad. Zwei seiner Siegermaschinen stehen aufgebockt davor. Für die Fotografen steigt der ehemalige Rennfahrer auf. Er hat sich gut gehalten. Schwungvoll erklimmt er die Maschine, legt sich in Pose auf die legendäre SMZ 250, mit der er sein erstes Rennen gewann. Sein Haar ist mittlerweile weiß und glatt. Von den Locken, die er sich machen ließ, damit die Frisur unter dem Helm nicht platt gedrückt wird, hat er sich längst verabschiedet. Rennen fährt er schon lange nicht mehr, aber an seine Erfolge zwischen 1975 und 1988 erinnern sich die Inninger noch heute. Fünfmal wurde Toni Mang Motorradweltmeister. Zweimal in der Klasse bis 350 Kubikzentimeter und dreimal in der Klasse bis 250 Kubikzentimeter. Er gilt sogar als „ewiger Weltmeister“ der 350er-Klasse, die nach 1982 nicht mehr gefahren wurde.
Für die Geburtstagsbroschüre haben Franz Meier und Jutta Göbber bei Freunden, Familie und Weggefährten nach bisher unveröffentlichtem Material und Anekdoten geforscht. „Das mach’ ich auch“, lautet der Titel des fast 50 Seiten dicken Büchleins, das für fünf Euro in Inninger Geschäften und im Gemeindearchiv verkauft wird.
Toni Mang hat an diesem Abend einiges beizusteuern. Zum Beispiel die Geschichte, wie der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl als Sozius auf dem „Motorradl“ mitfuhr. Über das Husarenstück, zu dem man Bilder im Internet findet, muss Mang heute noch schmunzeln. Mang sollte damals nach einer Ehrenrunde auf dem Hockenheimring die Startflagge an den Rennleiter überreichen. Daneben stand Schirmherr Helmut Kohl. „Herr Kohl, wollen Sie einmal mitfahren?“, fragte Mang über ein Mikrophon. Das Publikum johlte. Dem Kanzler blieb nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Zwei Helfer mussten die Rennmaschine halten, damit das Schwergewicht in Anzug und Krawatte aufsteigen konnte. „Ich hätte das nicht gehalten“, sagt Mang und spricht scherzhaft von „Elefantentransport“. Dann ging es los.

In der Kurve wäre er normalerweise 200 Stundenkilometer gefahren, „da bin ich mit 70 rumgeschlichen“. Ängstlich hätte der Kanzler gewunken, seine Security-Leute seien in heller Aufregung gewesen, lacht Mang. Kohl ist nicht der Einzige, dem Mangs Fahrstil Angstschweiß auf die Stirn trieb. Im Buch liest man über die Fahrt mit dem Jugendfreund Hans Maar: „Start in der damaligen Ringstraße, sofort gut beschleunigt und in starker Schräglage bogen wir in die Münchner Straße ein, lautstark vorbei an der Polizeistation.“ Mit zitternden Händen und Knien stieg der Freund ab und schwor, dass dies das letzte Mal gewesen sei. Ehefrau Renate, die ihren Mann nach dem Ende seiner Karriere kennenlernte, ist ebenfalls nur „einmal und nie wieder“ als Sozia mitgefahren, gestand sie.
Toni Mangs erstes Motorrad war eine DKW RT 125, die bald zur Motocross-Maschine für das Gelände umgebaut wurde. Schließlich hatte der kleine Toni noch keinen Führerschein. Tage und Nächte schraubte er gemeinsam mit seinem ebenso motorradverrückten Freund Sepp Schlögl. Später entwickelten und konstruierten der Werkzeugmacher Mang und der Automechaniker Schlögl zusammen mit Alfons Zender, einem Gießereifachmann, eine „Rennmaschine“, genannt „Schlögl-Mang-Zender“ (SMZ 250). Um die Leistung zu verdoppeln, konstruierten sie einen Zweizylinder-Zweitaktmotor, bauten zwei der Motoren übereinander liegend zusammen. Für die Rahmengeometrie kopierte Schlögl auf einer Ausstellung heimlich die Maße einer Yamaha TD.

Im Herbst 1971 war es dann so weit. Toni Mang startete mit seiner SMZ beim Augsburger Flugplatzrennen: „Gestartet vom vorletzten Platz aus – als Nobody – fuhr Toni einen überlegenen Sieg auf der Eigenbau-Maschine heraus – eine Sensation“, steht in der Broschüre. Die Motorradkarriere begann. Seinen ersten deutschen Meisterschaftstitel sicherte sich Toni Mang 1975 auf einer Yamaha TZ 350. Im Buch sind die Highlights der 154 Rennen aufgelistet: „42 Siege, 25 Mal Zweiter, 17 Mal Dritter, er startete 34 Mal von der Poleposition, fuhr 26 Mal die schnellste Rennrunde“. Und nach den Siegen stand die damalige Heimatgemeinde Inning kopf. Fahnenabordnungen, Blasmusik, Autokorso, Fanclub, Reden, Festzelt – tagelang feierten die Inninger.
„Filmstar wolltest du nicht werden?“, fragte Göbber, während Mang vehement den Kopf schüttelt. Als Kind war er in den Fünfzigerjahren Akteur in den Märchenfilmen der Inninger Filmgesellschaft Schonger. Der kleine Mang spielte das kleinste Zicklein im Stück „Wolf und die sieben Geißlein“ und den Hahn in den „Bremer Stadtmusikanten“. Sogar einen richtigen Stunt, um durch die Lüfte zu fliegen, absolvierte er. Am meisten erinnert sich Mang aber daran, dass er einmal in einem Porsche-Cabrio zu Filmaufnahmen nach Garmisch gefahren wurde.

Auch eine Karriere im Skibob-Sport wäre ihm sicher gewesen. In dieser Disziplin wurde der damals 16-Jährige Deutscher Meister und Junioren-Europameister. Es wurde aber dann das Motorrad. Hier gab es nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch die Technik als Herausforderung für den leidenschaftlichen Bastler. 1988 hörte er mit den Rennen auf. Anlass war ein Unfall, bei dem er sich das Schlüsselbein brach. Das Basteln und Tüfteln ist aber bis heute seine Leidenschaft geblieben.
Die SMZ 250 ist übrigens noch bis zum 3. November in der Sonderausstellung zum Thema „Sport im Brucker Land“ im Jexhof in Schöngeising zu sehen.