"Ich bastel halt gern", sagt Martin Oesterheld bescheiden. Der studierte Mathematiker und Software-Entwickler aus Inning hat die örtliche Grundschule mit Kohlendioxid-Warnampeln ausgerüstet, die er an seinem 3-D-Drucker produziert und selbst gelötet hat. Die Sensoren der Geräte zeigen an, wann das Lüften in Klassenzimmern wegen der Coronavirus-Ansteckungsgefahr notwendig ist. Rektorin Bettina Linden und ihr Kollegium freuen sich über diese "tolle Aktion und großartige Unterstützung" des Elternbeiratsvorsitzenden, dessen Tochter Clara die vierte und dessen Sohn Felix die zweite Klasse besuchen. Die Testampel funktioniere schon seit Wochen sehr gut, betont das Rektorat. Diesen Donnerstag sollen die letzten beiden der acht Klassenzimmer ausgerüstet sein. Danach folgen für Lehrerzimmer und Fachräume fünf weitere Ampeln, die das Infektionsrisiko über Aerosole, also feinste Tröpfchen in der Luft, vermindern sollen.
Er sei über eine Fachzeitschrift und über eine Bauanleitung einer "Mitmachinitiative zur Covid-19-Prävention" der Hochschule Trier auf die Idee gekommen, diese Ampeln zu bauen, erzählt der Familienvater. Die darin vorgeschlagenen Komponenten seien schwer zu bekommen gewesen - er habe sie darum teilweise aus gleichwertigen Bauteilen angefertigt, in ihrer Funktion etwas erweitert sowie ein passendes Gehäuse entworfen und per 3-D-Drucker im eigenen Büro produziert, erläutert Oesterheld. Zudem habe er noch ein Programm für Steuerung und Auswertung übers Smartphone geschrieben.
Einzelteile wie Sensoren für die CO₂-Luftqualität, Microcontroller und Neopixel-LEDs importierte der Inninger aus den USA, bevor sein 3-D-Drucker über viele Tage heiß lief. Er sei schon bis zu acht Arbeitsstunden im Haus verschwunden, um jeweils eine Warnampel herzustellen, berichtet der EDV-Experte. "Aber das habe ich gerne getan, denn das Ganze ist ein persönliches Bastelprojekt und ein privater Beitrag für die Schule meiner Kinder", sagt Oesterheld, der nur die Materialkosten von hundert Euro pro Ampel der Schule in Rechnung stellt. Denn er verfolge keine unternehmerische Ambitionen - zumal jeder Interessierte eine solche Ampel nach Anleitung selbst bauen könne. Auch das klingt wieder bescheiden.
Nachdem sich die Testampel in verschiedenen Klassen in der wochenlangen Probephase bewährt hatte, fackelte die Schulleitung nicht lange und griff zu. Eine Warnampel steht zum Beispiel im Regal einer vierten Klasse. Das acht Zentimeter hohe Messgerät befindet sich nicht in Zugluft und ist eineinhalb Meter vom nächsten Schüler entfernt. Wenn die Ampel beispielsweise nach 13 Minuten gelb aufleuchte, werde es Zeit, für einige Minuten kräftig zu lüften, sagt Konrektorin Anja Wagatha. Dann dürften die Schüler auch ihre Jacken anziehen, denn es müsse niemand frieren. Die Ampel wechsele danach schnell wieder auf "hygienisch unbedenklich grün". Das rote Warnzeichen für "hygienisch inakzeptabel" sei laut Wagatha bislang nur einmal aufgeleuchtet: "Da hatten die Kinder das Gerät direkt angepustet." Die Ampeln unterstützten mit der gut sichtbaren Farbanzeige das richtige und rechtzeitige Lüften, da die CO₂-Konzentration mit der Belastung an Aerosolen korreliere, erklärt die Konrektorin.
Das Inninger Modell begrüßt die Starnberger Schulamtsdirektorin Karin Huber-Weinberger und lobt die private Initiative des Vaters, die auch zu mehr Sicherheit in Corona-Zeiten beitrage. Regelmäßig zu lüften und die Warnampeln zu installieren, sei eine "funktionierende, gute und finanziell vertretbare Kombination", sagt Huber-Weinberger, deren Staatliches Schulamt für die Grund- und Mittelschulen im Landkreis zuständig ist.
Das regelmäßige Lüften schreiben die Corona-Regeln vor, wobei das Umweltbundesamt rät, alle 20 Minuten die Fenster zum Stoßlüften aufzureißen, während im bayerischen Hygieneplan die Lüftung spätestens nach 45 Minuten erfolgen müsse, damit die Virenlast gesenkt wird. Das Kultusministerium fördert für Schulen die Beschaffung von CO₂-Sensoren grundsätzlich für jeden Klassen- und Fachraum inklusive der Lehrerzimmer - für mobile Luftreinigungsgeräte mit Filterfunktion gilt dies aber nur für Räume, die nicht ausreichend durch gezieltes Fensteröffnen gelüftet werden können.