Inning:Abgehängt

Inninger streiten mit Telekom, weil sie die Telefonsäule am Dampfersteg behalten wollen.

Christine Setzwein

Fernsprecher sagte man früher zum Telefon, um die ganze technische Dimension dieses Apparats auszudrücken. Telefonieren war teuer, man konnte in aller Ruhe in der Bahn Zeitung oder ein Buch lesen und musste sich nicht anhören, dass sich Anne von Bernd getrennt hat, weil sich dieser hartnäckig weigerte, die Zahnpastatube wieder zuzudrehen. Jetzt gibt es Handys, die gelben Telefonzellen sind aus dem Straßenbild verschwunden, und bald wird es auch die mausgrau-pinken Telefonsäulen, genannt Telefonstelen, nicht mehr geben. Sie rentieren sich nicht mehr, sagt die Telekom und baut sie ab in Berg, Wörthsee und Stegen am Ammersee. Hier, in der Nähe der Schiffsanlegestelle, lag der Umsatz 2007 noch bei 1400 Euro pro Jahr, 2011 waren es nur noch bei 169 Euro. Zu wenig. Alles, was unter 50 Euro pro Monat liegt, sei nicht wirtschaftlich, argumentiert die Telekom. Doch die Inninger wollen auf den öffentlichen Fernsprecher nicht verzichten. In einem Schreiben an das Unternehmen verwies die Gemeinde auf die vielen älteren Menschen, die zum Ammersee kommen und vielleicht nicht der Handy-Generation angehören. Sie seien auf die Telefonstele angewiesen. Und überhaupt habe die Telekom einen Infrastrukturauftrag. Hat sie nicht mehr, teilte der zuständige Sachbearbeiter dem Rathaus telefonisch mit. Weil der Abbau von Telefonstelen aber im Einklang mit den Gemeinden erfolgen soll, machte er einen Vorschlag. Die Telekom könnte ein Basistelefon anbieten. Die Montage an einer Wand sei ganz einfach. Überhaupt nicht einfach ist dagegen die Handhabung dieses Basistelefons. So ist dafür zuallererst eine Prepaidkarte für öffentlich Telefone nötig. Dann muss der Anrufer eine spezielle Vorwahl eingeben, anschließend die PIN-Nummer der Prepaidkarte und dann erst die eigentliche Telefonnummer. Welche Folgen diese umständliche Prozedur hat, wusste der Telekom-Mitarbeiter auch: Diese Basistelefone werden zu 99 Prozent nicht genutzt und in der Regel nach zwei Jahren wieder abgebaut. Kein Wunder, dass die Gemeinderäte kein Basistelefon wollen. Sie wollen die Telefonstele behalten und lehnten den Abbau ab. Ganz einfach und unkompliziert.

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