Improvisationen in Krailling:Völlig losgelöst

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Udo Schindler (links), Brundo Strobl und Nina Polaschegg beim 90. Salon "Klang & Kunst" in Krailling. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Udo Schindler musiziert zum 90. Mal in "Klang & Kunst"

Von Reinhard Palmer, Krailling

Als Instrumentalschüler muss man sich mühsam Spieltechniken, Notenlesen, Harmonielehre, Interpretation, Ausdrucksgestaltung und vieles mehr aneignen. Es gehört ein hartes Stück Arbeit dazu, sich - nach vielen Jahren - frei auf einem Instrument bewegen. Für Udo Schindler ist es Passion, sein Gespür auf mehreren Blasinstrumenten auszuleben, unter anderem in seinem Kraillinger Salon "Klang &Kunst", den er - gut besucht - nun bereits zum 90. Mal veranstaltet hat. Solistisches Spiel stellt in dem Genre eine besondere Schwierigkeit dar, besteht doch die Gefahr, auf eingeübte Formeln zurückzugreifen. Nicht zuletzt deshalb lädt Schindler immer auch Koryphäen des Fachs dazu ein, mit ihm zu musizieren.

Die zwei geladenen Musiker aus Wien, die journalistisch und publizistisch tätige promovierte Musikwissenschaftlerin Nina Polaschegg am Kontrabass sowie ihr Lebensgefährte, der auch organisatorisch engagierte Komponist und Dirigent Bruno Strobl an der Elektronik, traten zunächst als eingespieltes Duo mit klarer Dramaturgie auf. Was bei kammermusikalischen Ensembles als Homogenität ein Gewinn darstellt, muss das ad hoc improvisierende Duo immer wieder überwinden und mit spontanen Ideen überraschen. Einhelligkeit im Zugriff, wie im Spiel, widerstrebt der Ad-hoc-Improvisation und muss außen vor bleiben. Eine gute Methode dafür ist sicher, sich selbst am Instrument am üblichen Spiel zu hindern - wie etwa Polaschegg mit Wollfäustlingen am Kontrabass. Trommeln, Reiben oder gedämpfte und unsaubere Töne anspielen führte in dunkle Farbräume und stand im Dialog mit elektronischer Verfremdung der Klänge, unterlegt von ausschnitthaften Soundscapes und mehr Klangfärbungen denn klaren Tönen. Strobl suchte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Gesteuertem und Zufälligem und blieb dabei sparsam in der Klangsubstanz - was insgesamt einem Eindruck der Beliebigkeit den Riegel vorschob, zugleich aber auch dem kammermusikalischen Charakter gerecht wurde.

Das Aufeinander-Reagieren fiel im Trio mit Udo Schindler (Bassklarinette, Kornett und Kontrabassklarinette) dann schon spannungsreicher aus, nicht zuletzt durch die klanglich größere Diskrepanz zu den Blasinstrumenten, aber auch dank Schindlers schärferer Spieltechniken. Polaschegg arbeitete viel am Holz, am Saitenhalter und Steg, die gestrichen auch die Saiten zum Schwingen brachten, gebürstet indes ein hallendes Rauschen hervorbrachten. Lediglich Alufolienumwicklung der Saiten oder Streichen von Flageoletts direkt am Steg riefen hellere Farben auf den Plan.

Schindler musste schon mit substanzvollerer Klangbildung die beiden bedächtiger agierenden Musiker aus der Reserve locken, um die Dramaturgie der Stücke um Höhenflüge zu erweitern. Es wirkte sich befreiend aus, wenn der Raum samt Publikum zum Schwingen gebracht werden konnte. Eine besondere Qualität erhielten die im warmen Klangspektrum metallischen Einwürfe, die Schindler vorbehalten blieben. Wie etwa ein Anschlagen des Schalltrichters oder des metallenen Instruments mit einem Bottleneck. Schnalzen, Blubbern, Vibrieren, Zischen stellten indes durch ihre energische Unmittelbarkeit einen Kontrast her, den auch Strobl zunehmend in sein Vokabular aufnahm. Alles in allem spannungsreich.

© SZ vom 25.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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