Süddeutsche Zeitung

Im Starnberger Gewerbegebiet:Auf Houdek-Gelände sollen Wohnungen und Arbeitsplätze entstehen

Die Wurstfabrikanten wollen die Industriebaracken abreißen und auf 30 000 Quadratmetern ein modernes Quartier errichten lassen, das auch Platz für öffentliche Einrichtungen und Freizeitangebote vorsieht.

Von Peter Haacke

Im Starnberger Gewerbegebiet tut sich was: Das 1926 gegründete Traditionsunternehmen Houdek, das mit einem Jahresumsatz von 125 Millionen Euro und 480 Mitarbeitern zu den 20 größten fleischverarbeitenden Betrieben Deutschlands zählt, will ein insgesamt 30 000 Quadratmeter großes Teilgebiet im Norden der Stadt neu gestalten. Bis 2028 sollen zwischen Moosstraße, Petersbrunner- und Münchner Straße neue Gebäude entstehen. Beim Rundgang übers Firmengelände erläuterten am Montag die Eigentümer und Geschäftsführer Rudolf und Robert Houdek, beide Enkel des legendären Firmengründers und FC-Bayern-Mäzens Rudolf Houdek, ihre Visionen. Zwar sind sie mit ihren Planungen erst ganz am Anfang. Doch "es ist die einmalige Chance, diese vereinigten Hüttenwerke hier endlich verschwinden zu lassen", sagt Rudolf Houdek. "Da muss einfach was passieren."

Mit ihrem Projekt "Moosaik - das verbindende Quartier" laufen die Houdeks offene Türen ein. Bereits im November war dem Stadtrat in nichtöffentlicher Sitzung das Konzept präsentiert worden, das Echo darauf ist in allen Fraktion ausnahmslos positiv. Die beiden Grundstückseigentümer, die 2016 das rund 15 000 Quadratmeter Houdek-Areal in Starnberg von ihren Vätern erwarben, möchten das Gewerbegebiet in enger Partnerschaft mit ihren Nachbarn umbauen: Innovative Baukultur und vielfältige Nutzungsarten - so der visionäre Anspruch - sollen die Bereiche Arbeit, Wohnen und Freizeit zusammenführen. Das ökologisch ausgerichtete Quartier sieht moderne Gewerbeflächen mit Wohnraum, öffentlichen Einrichtungen und vielseitigem Freizeitangebot vor.

Wurstwaren werden bei Houdek schon lange nicht mehr in Starnberg hergestellt. Ende der 90er Jahre wurde die Produktion eingestellt, seither dienten die 1962 errichteten Gebäude nur noch als Lagerhaus. Stattdessen wurden die "Kabanos", die der 2008 verstorbene Firmengründer Rudolf Houdek senior einst als "Wurst für unterwegs" bezeichnet hatte, fortan im oberfränkischen Arzberg hergestellt. Das Rezept für die Spezialität des Hauses, eine heißgeräucherte Salami, hatte der Großvater als Flüchtling aus Böhmen nach Starnberg mitgebracht. Vier Jahre nach Kriegsende eröffnete Houdek 1949 gemeinsam mit seinem Bruder Robert eine Metzgerei.

Aus bescheidenen Anfängen erwuchs ein Wurst- und Fleischimperium. Houdek war bundesweit in aller Munde. Doch dem Wachstum waren in Starnberg Grenzen gesetzt. "Aus heutiger Sicht", sagt Rudolf Houdek, "war es ein Glücksfall, dass die Stadt uns keine Erweiterung genehmigt hat". Produziert wurde fortan in einer neuen Fabrik im Fichtelgebirge sowie bis 2008 bei der Glonntaler Fleisch- und Wurstwaren GmbH, die Houdek bereits 1972 erworben hatte. In Starnberg blieben Firmenzentrale und Vertrieb - aber auch Gebäude, die nicht mehr benötigt wurden: die Produktionshallen etwa mit 6000 Quadratmetern Fläche sowie ein seit Jahrzehnten leer stehendes, abbruchreifes Wohnhaus mit 100 Appartements. 2016 erwarben Rudolf und Robert Houdek, 51 und 52 Jahre alt, die Liegenschaften von ihren Vätern.

Die beiden in Starnberg aufgewachsenen Cousins, die vor ihrem Studium eine Metzgerlehre absolvierten, fühlen sich ihrer Heimat eng verbunden und für die Entwicklung der Stadt mitverantwortlich. Sie sehen in ihrem Projekt einen Beitrag zur positiven, zukunftsfähigen Stadtentwicklung. "Wir wünschen uns eine sinnhafte Entwicklung mit Augenmaß, die zu Starnberg passt", sagt Rudolf Houdek, der ebenso wie sein Cousin das Gelände gemeinsam mit den beteiligten Nachbarn "nun zu einem Stück Zukunft machen" will.

Für die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens setzen die Houdeks auf renommierte Partner, darunter die Scherbaum-Unternehmensgruppe, die Bernd Schwarz Projektentwicklung sowie Architekt Klaus Kehrbaum. Der 2018 gegründeten Interessengemeinschaft gehören die Unternehmer Carl Baasel, Harald Wimmer, Josef und Peter Kirchmayr sowie Monika und Peter Hauser an. Im Quartier ist noch nichts entschieden, aber noch sehr viel möglich, heißt es. Der Bauausschuss befasst sich am 23. Januar mit dem Projekt, um bis 2021 einen städtebaulichen Entwurf und Bebauungsplan auf den Weg zu bringen. Bereits 2022/23 soll nach Vorstellung der Initiatoren der Baubeginn erfolgen, bis 2028 soll sich das Quartier in neuem Glanz präsentieren. Das Vorhaben soll zudem auf verschiedenen Wegen für Bürger, die sich am Prozess beteiligen möchten, "offen und transparent" kommuniziert werden.

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SZ vom 14.01.2020
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