"Hi FaceBookers, George is back on line." So meldete sich der Fotograf George E. Todd Mitte Juni aus dem Krankenhaus zurück. Am 19. Juli starb er im Alter von 91 Jahren in seinem Haus in Hochstadt, nur wenige Wochen nach einer Krebsdiagnose. Er sei eine Legende gewesen, so lautete einer der Kommentare zur Todesnachricht auf seiner Facebookseite, in der Welt der Motorradrennen wie auch in der Welt der Fotografie - und im richtigen Leben. Als Fotograf sei er "ein Dinosaurier", sagte George Todd stets über sich, denn er verweigerte sich konsequent der digitalen Fotografie. Das allerdings hatte keineswegs mit Scheu vor technischen Neuerungen zu tun: Übers Internet und insbesondere über Facebook pflegte er einen regen Austausch mit der internationalen Foto-Community und mit seinen Freunden in der ganzen Welt.
Die Trauer über den Tod seiner Frau und sein zuletzt zurückgezogenes Leben, seine eigene Unbeholfenheit mit den alltäglichen Dingen des Haushalts, aber auch seine Krebserkrankung und seine Gebrechlichkeit, vor allem aber das Weltgeschehen und die Umweltzerstörung - all das kommentierte er geistreich und mit "britischem", ebenso leichtfüßigen wie abgründigen Humor. So schrieb er über eine bevorstehende Computertomografie: "Sie wollen in meinen Kopf schauen, ich vermute, sie werden nicht viel finden."
George E. Todd hat ein spannendes und erfülltes Leben gelebt. Eigentlich, so seine eigene Einschätzung, seien es mindestens drei Leben gewesen. "One Life and two others", so hatte er die große Ausstellung zu seinem neunzigsten Geburtstag im Weßlinger Pfarrstadel überschrieben. 1925 in Grimsby in England geboren, absolvierte er zunächst ein Kunststudium in London, das jedoch durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ein abruptes Ende fand. Bei der Royal Airforce entdeckte er seine Liebe zur Technik und arbeitete auch nach dem Krieg weiter in einem Forschungslabor. Weniger bekannt ist seine Karriere als Motorradrennfahrer in den Fünfziger Jahren. 1972 kam George E. Todd nach Deutschland, wo er bei der DLR in Oberpfaffenhofen über viele Jahre mit Weltraumforschungsprojekten beschäftigt war.
Ebenso lange lebte er mit seiner Frau Pat in Hochstadt. Seit 1990 widmete er sich ganz der Fotografie - und zwar ausschließlich der analogen Fotografie. Seine Leidenschaft galt dem Mittel- und Großformat. Seine Fotos waren in mehr als sechzig Ausstellungen zu sehen und wurden in zahlreichen Bildbänden veröffentlicht. Für seine künstlerische Arbeit wurde er mit zahlreichen Auszeichnungen geadelt, unter anderem mit der Aufnahme in die Deutsche Gesellschaft für Photographie.
Die Fotografien von George E. Todd entstanden im Lauf eines halben Jahrhunderts, die meisten auf den zahlreichen Reisen nach Griechenland, über die iberische Halbinsel und durch Nordamerika. Aber weder die technischen Mittel noch die Motive machen die unverwechselbar schönen Bilder von George E. Todd aus, sondern der sensible Blick, mit dem er scheinbar unscheinbare Details in den Fokus nahm. Auch war Todd ein Meister der Grautöne. Eine Serie von Bildern widmet sich Strukturen und Linien, Ornamenten, die durch die Furchen auf Feldern, den Verlauf eines Flussufers oder die Äste und Schatten von knorrigen Olivenbäumen entstehen. Geschwungene oder gerade Linien bestimmen die Ästhetik dieser stillen Bilder. Eine andere Bildserie hat die Wand eines Büros mit Kalender, Uhr und anderen Utensilien oder die Flaschen und Gläser in einer Bar zum Thema, die Bildinhalte weichen auch hier zurück und machen Platz für den Rhythmus der Hell-Dunkel-Nuancen. "Omnia lumen decem partes divisa est", so nannte er eines seiner Fotos. Die Suche nach möglichst vielen und differenzierten Nuancen des Lichts könnte auch als Thema über seinem Lebenswerk stehen. Die Trauerfeier findet am Freitag, 12. September, um 15 Uhr auf dem Friedhof in Hochstadt statt.