Hochstadt:Cohen und die Ruhe nach dem Sturm

Bevor es um Suzanne geht und um Marianne, um die wichtigsten und letzten Dinge im Leben, legt erst mal der Himmel los. Kurz vor neun bricht das Gewitter herein, es gießt wie aus Kübeln, wer noch im Auto auf dem Weg nach Hochstadt ist, fährt am besten rechts ran. Die Leute, die schon im Biergarten-Zelt des Gasthofs Schuster sitzen, haben's gut. Sie schauen von ihrem trockenen Platz aus zu, wie sich die überforderte Regenrinne an der Hauswand in einen Wasserfall verwandelt, der Regen in dünnen Fäden von der großen Leinwand tropft und sich unter den Stühlen und Bänken ein kleiner See bildet.

Pünktlich zum Filmstart um halb zehn ist fast alles vorbei, "der liebe Gott hatte mit uns ein Einsehen", sagt der coole Filmvorführer des Fünfseen-Festivals. Und was folgt, ist die energiegeladene Ruhe nach dem Sturm: "Leonard Cohen - Live in London 2008". Eine Mischung aus entspanntem Konzert und melancholischer Andacht, ein Film, der mit zweieinhalb Stunden Laufzeit Längen hat, dafür aber den damals 73-jährigen Sänger, Singer-Songwriter und Lyriker und auch seine Band in Bestform zeigt. Irgendwann nach "Dance Me Tho The End Of Love", "Everybody Knows" und "In my Secret Life" sagt Cohen einen Satz zu seinem Publikum in London, der auch aufs Schönste zu diesem Open-Air passt: "Wir sind so privilegiert in Momenten wie diesen", herrsche doch sonst Dunkelheit in dieser Welt.

Der vielleicht schwermütigste Meister des Folk und Pop, der seinen Songs schon mal Walzerseligkeit gibt, den relaxten Blues zelebriert und Klezmer untermischt, war ein Mann der ganz alten Schule, auch das zeigt dieser Film noch mal. Keine Video-Projektionen, kein Firlefanz. Die Band steht vor einem blauen Vorhang. Basta. Der Sound ist glasklar, fast alle Cohen-Hits sind zu hören, der Sänger zieht den Hut, wenn einer seiner exzellenten Musiker zum Solo anhebt, er macht sogar ein paar Scherze übers Alter und über die Antwort auf die letzten Geheimnisse. Manchmal wirkt das fast so, als ob da eine große einträchtige Familie auf der Bühne steht und genau das tut, was ihr Spaß macht.

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