Hilfe seit 20 Jahren:Echte Freunde

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Freundestreffen in Andechs (von links): Thomas Weiler, Geschäftsführer der Starnberger Kliniken, Landrat Karl Roth, Chefarzt Markus Wagner, Irmi Pfänder, Josef Schneider, Ingrid Frömming, Jan Polasek und Christian Schiller. (Foto: Georgine Treybal)

Der Förderverein Krankenhaus Seefeld trifft sich zum Benefizessen im Klostergasthof Andechs - und es könnte das letzte Mal gewesen sein

Von Christine Setzwein, Andechs

Man könnte das Benefizessen des Freundeskreises Krankenhaus Seefeld am Freitagabend als riesige Lobhudelei abtun. Aber was wäre zu kritisieren an einem Verein, der an einem einzigen Abend 12 600 Euro und in den 20 Jahren seines Bestehens schon 400 000 Euro gesammelt hat für die kleine Klinik im westlichen Landkreis? Was wäre auszusetzen an einer langjährigen Vorsitzenden Ingrid Frömming, die nichts kommen ließ auf "ihr" Krankenhaus, auch in stürmischen Zeiten, als das Haus kurz vor der Schließung stand? Wie sollte man einen Chefarzt Markus Wagner tadeln, der den Job annahm, gerade als feststand, dass die Klinik ihre Selbständigkeit aufgeben muss? Was gäbe es zu bemängeln an einem leckeren fünfgängigen Menü, das der Wirt der Klostergaststätte Andechs, Alexander Urban, seit vielen Jahren zu einem Spottpreis anbietet, weil er einst so gut behandelt wurde in Seefeld? Und wie sollte man den Landkreis Starnberg und sieben Gemeinden rügen, die seit vielen Jahren sehr viel Geld in das Krankenhaus stecken, damit die Bürger in Andechs, Herrsching, Inning, Seefeld, Weßling, Wörthsee und Gilching und darüber hinaus medizinisch anständig versorgt werden?

So hatte auch Landrat Karl Roth, der das erste Mal bei einer Veranstaltung als Gründungsmitglied auftrat, nur Lob dabei für den "lebendigen Verein", für die "tollen Ärzte" und für die neue Holding "Starnberger Kliniken GmbH", an die die Seefelder am 1. Juli andocken. "Wir machen weiter, mir ist nicht bange", sagte Roth. Moderiert wurde der Abend vom neuen Vorsitzenden des Freundeskreises, Herrschings Bürgermeister Christian Schiller, und dessen Vize Jan Polasek. Von 2001 bis 2016 führte Ingrid Frömming den Förderverein, die 86-Jährige wurde beim Benefizessen zur Ehrenvorsitzenden ernannt. "Meine sehr lieben Damen, meine Herren", so begrüßte sie auch am Freitag die Gäste, 87 an der Zahl, und erinnerte daran, warum sie den Freundeskreis aus der Taufe gehoben hat: weil sie und ihre Familie in der Klinik immer gut behandelt worden seien, weil die finanzielle und ideelle Unterstützung notwendig gewesen sei und weil ihr die Arbeit immer Spaß gemacht habe. "Es war eine großartige Zeit", sagte sie und bedankte sich bei den Mitgliedern - aktuell 183 - "für die schönen Jahre und den Erfolg". Die Gäste applaudierten stehend.

Ganz ohne ernste Worte ging es dann doch nicht. Gar nicht begeistert waren die Gäste davon, dass dieses Benefizessen in Andechs voraussichtlich das letzte war. Die Wege von Wirt Urban und dem Kloster Andechs trennen sich. Urban, der seit 28 Jahren Wirt auf dem Heiligen Berg ist, geht zum 31. Dezember 2018. Offenbar konnten sich die Vertragspartner nicht über eine neue Pacht einigen. "Hoffentlich braucht das Kloster hier nicht so lange wie in Tutzing mit einem neuen Wirt", meinte Landrat Roth. Dort steht der "Andechser Hof" seit Jahren leer.

Auch der Ärztliche Direktor und Chefarzt der Chirurgie in Seefeld, Markus Wagner, wurde ernst. Es treibe ihn etwas um, sagte er. "Heilwerden, das umfasst viel mehr als nur die technische Seite der Medizin, sie benötigt in gleichem Maße eine zeitliche und persönliche, eine empathische Zuwendung, um die wir uns ständig bemühen, weil wir davon überzeugt sind, dass sie im Zentrum des Heilseins stehen." Heißt: Für ihn ist es nicht primäre Aufgabe von Krankenhäusern, Geld zu erwirtschaften, sondern sich um die Krankheiten der Menschen zu kümmern. Sorgen bereitet ihm, dass es immer schwieriger werde, qualifiziertes Personal zu finden in einer Zeit, in der "junge Menschen ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr über Arbeit definieren". Zeit ist für Wagner der Schlüssel: Mitarbeiter müssten die Zeit haben für Aus- und Fortbildung, für Zuhören und Denken - und für sich selbst. "Zeit ist Gold", sagte er, und die Voraussetzung für eine "menschenwürdige Behandlung".

Dann war es wieder Zeit, sich dem Essen, den Gesprächen und der Musik zu widmen. Charlie Glass saß am Klavier. Der Fischener Interpret, Komponist und Produzent hat auch schon im thailändischen Königshaus gespielt - und seine Gage vom Freitagabend dem Freundeskreis gespendet. Die Spenden des Benefizessens werden für den Kauf einer "Lübecker Box" verwendet, mit der angehende Chirurgen das Knotenmachen üben können, und für ein neues Ultraschallgerät für die Intensivstation.

© SZ vom 30.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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