Süddeutsche Zeitung

Posse:Doppelte Straßennamen: Notärzte und Patienten irren durch Herrsching

Die Seestraße und den Kapellenweg gibt es in der Gemeinde zweimal - zum Ärgernis von Anwohnern, die falsche Post bekommen oder vergeblich auf Lieferungen warten.

Von Patrizia Steipe

Es vergehe kaum ein Tag, an dem nicht zehn bis 20 Patienten zu spät zu ihren Behandlungen in die Schindlbeck-Klinik in Herrsching kommen. Regelmäßig würden Medikamente und medizinische Geräte an eine falsche Adresse geliefert, und Postsendungen kommen nicht an. "Unser dringend benötigtes Kopierpapier stand in Breitbrunn im Regen", klagte Günter Wamser, Radiologe an der Privatklinik, in der Bürgerversammlung. Am schlimmsten sei aber, dass Notärzte, die sich in der Gemeinde nicht auskennen, von ihrem Navigationsgerät häufig zur falschen Seestraße geleitet werden. Das könne tragisch enden, wenn Minuten über Leben oder Tod entscheiden.

Schuld ist die Adresse des Krankenhauses: Seestraße 43. Die Seestraße gibt es in der Gemeinde nämlich zweimal: in Herrsching und in Breitbrunn. Er habe im vergangenen Jahr einen Antrag an die Gemeinde gestellt, für eine "sichere Orientierung zu sorgen", berichtete Wamser. Dies sei gesetzlich vorgeschrieben. Schließlich kommen durchschnittlich 355 Besucher und Patienten pro Tag zur Klinik. Auf der Bürgerversammlung mahnte er eine baldige Entscheidung an.

Wamser ist nicht der einzige, der unter der Zwillingsadresse in der Gemeinde leidet. Wolfgang Schnetzer zum Beispiel wohnt am Kapellenweg in Breitbrunn. In seiner Hofeinfahrt sei einmal sogar irrtümlich Baumaterial abgeladen worden, erzählte er. Es war eigentlich für den Kapellenweg in Herrsching bestimmt. Die vielen falschen Sendungen wären noch zu ertragen, aber "was ist, wenn der Notarzt nicht rechtzeitig kommt?", fragt Schnetzer. Seit zwei Jahren setzt er sich für eine Umbenennung einer der beiden Kapellenwege ein. "Sie müssen etwas tun und die Gefährdung abstellen", ermahnte er Bürgermeister Christian Schiller.

Die Doppelnamen gebe es seit der Gemeindegebietsreform, erklärte Schiller. Gemeinde und Landratsamt kennen das Problem, allerdings wären Umbenennungen erfahrungsgemäß ein "Wahnsinnsverwaltungsakt". Oft würde dagegen geklagt, sagte er. Das sei auch in der Seestraße mit ihren vielen Gewerbebetrieben zu befürchten. Dennoch solle sich jetzt etwas ändern. Eine Antwort aus dem Landratsamt liegt vor, soll aber zuerst dem Gemeinderat präsentiert werden. Soviel vorab: Die Verwaltung werde dem Gemeinderat empfehlen, die Anlieger zu einer Anhörung einzuladen.

Bessere Nachrichten hatte Schiller für die Anlieger der beiden Kapellenwege. Der Straßenname in Herrsching könne relativ unbürokratisch geändert werden. Matthias Pickert ist Anlieger des Herrschinger Kapellenwegs. Nachdem der Notarzt zweimal irrtümlich nach Breitbrunn gefahren war, hatte Pickert die Sache selbst in die Hand genommen. Er ist mit einer Unterschriftenliste bei seinen Nachbarn vorstellig geworden. Bis auf einen, der derzeit nicht erreichbar war, haben alle einer Namensänderung zugestimmt. Falls Einstimmigkeit bestehe, dann stehe einer Namensänderung nichts im Wege, versprach Schiller auf der Bürgerversammlung.

Schon einmal hat die Gemeinde auf Antrag eine Straße umbenannt. "Friedhofsweg" war vor allem einem Gewerbetreibenden eine zu negativ besetzte Adresse. Jetzt heißt die Straße "Am Königsberg". Wie der neue Kapellenweg in Herrsching heißen könnte, dafür gibt es bereits einen Vorschlag: Hans-Rottach-Weg, benannt nach dem vor zehn Jahren verstorbenen Herrschinger Pfarrer, der drei Jahrzehnte lang in der Gemeinde gewirkt hatte.

Auch für die Seestraße hat Wamser eine Idee: "Einfach die Ziffer 1 vor die Hausnummern in Breitbrunn setzen". Dann würde sich lediglich die Hausnummer ändern.

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SZ vom 16.02.2019/huy
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