Herrsching:Sammler und Jäger

Herrsching Kurparkschlösschen Lesung Leitner

Der Weßlinger Verleger und Lyriker Anton G. Leitner ist Mitherausgeber.

(Foto: Georgine Treybal)

Anton G. Leitners Poesienachmittag in Herrsching

Von Katharina Schöbi, Herrsching

"Manche Gedichte liegen auf der Straße, man braucht sie nur aufzusammeln", weiß der Lyriker Anton G. Leitner, der am vergangenen Samstag im Kurparkschlösschen "Wasserpoesie und Liebeslyrik" las. Tatsächlich sammelt er, ob in der S-Bahn, beim Schwimmen, bei der Zeitungslektüre oder bei Spaziergängen in seiner Wahlheimat Weßling skurrile Situationen, notiert sie auf einem winzigen Notizblock und veröffentlicht dann - zum Teil erst Jahre später - ein Gedicht darüber. Oder auch nicht. Da kann es schon mal vorkommen, dass ein Zitat aus einer Zeitungsanzeige zum Titel seiner Anthologie wird ("Ois is easy", 2010) oder Weßlinger Jugendliche sich und ihr Gespräch in einem Text wiederfinden. "Ein Autor ist immer auch ein Voyeur", sagt der examinierte Jurist schmunzelnd.

Der Witz darf bei ihm nie fehlen: Oft streben die teilweise sehr kurzen Gedichte auf eine amüsante Pointe am Ende zu, nicht selten ein einziges, unerwartetes Wort. Außerdem spielt er mit Redewendungen und Melodien, trägt die Verse schnell, aber abwechslungsreich vor, variiert in Tempo, Stimmlage und Lautstärke. Besonders bei seinen Texten auf Bayerisch, die er erst seit zwei Jahren schreibt, ist die Artikulation von zentraler Bedeutung. "Die Mundart verstärkt die Wirkung einzelner Worte, wirkt aber auch gleich ordinärer", meint Leitner und gesteht, dass ihm das Schreiben im Dialekt nach wie vor schwer falle. Es fehlten ihm manchmal die Worte.

Ganz und gar keine Schreibblockaden scheint der 54-Jährige zu haben, wenn es um erotische Lyrik geht: 30 der 48 rezitierten Gedichte an diesem Abend handelten von Liebe, Lust und Leidenschaft - oder von deren "Folgen", wie Leitner sie nennt. "Die Ausnahme / Von der Regel / Ist die Regel / Aber die Regel / Bleibt / Aus."

Ob nun aber Liebes- oder Heimatpoesie aus dem Fünfseenland, Leitners wichtigstes Anliegen ist es, die Lyrik (wieder) ins Zentrum der literarischen Debatte zu rücken. Eine Besucherin drückte sich sogar ganz drastisch aus: "Mit ihm steht und fällt das lyrische Wort."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: