An dem Juliabend wollte der Schüler in Herrsching mit Freunden noch einmal in den Ammersee springen und lief über einen Badesteg. Das störte aber einen 19-Jährigen, der gerade mit seiner Mutter im Heimatland telefonierte. Laut Anklage griff der junge Mann dem 17-jährigen Gymnasiasten aus Germering provozierend ins Gesicht, der auf gleiche Weise reagierte. Bei dem Gerangel verlor der ältere Bursche seinen Kopfhörer und rastete deshalb komplett aus: Er schlug mit Fäusten auf den Schüler ein, trat gegen seinen Kopf und traktierte das Opfer mit Ellenbogen an der Stirn. Bei der brutalen Attacke, die sich vor vier Jahren ereignet hatte, erlitt der 17-Jährige einen Nasenbeinbruch, Blutergüsse und ein Schädelhirntrauma. Zudem musste dem Schwerverletzten eine Titanplatte in die Stirnhöhlenwand eingesetzt werden.
Der inzwischen 23 Jahre alte Angeklagte musste sich nun wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Starnberger Jugendschöffengericht verantworten. Er wurde zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Zudem war ihm noch eine weitere Gewalttat zu Last gelegt worden, weil er vor zwei Jahren im Herrschinger Jugendzentrum wegen eines Stuhls einen 13-jährigen Besucher im Schwitzkasten auf den Boden gedrückt und ihm grundlos ins Gesicht geschlagen hatte. Der Angeklagte gestand im Prozess die Taten - ebenso sein 22-jähriger Freund, der damals am Herrschinger Steg auch zugeschlagen hatte. Der Mitangeklagte kam allerdings mit 16 Monaten Haft auf Bewährung davon. Er muss sich aber einem sozialen Kompetenztraining unterziehen.
Überdies wurden die Angeklagten angewiesen, dem Opfer insgesamt 10 000 Euro an Schmerzensgeld zu zahlen. "Ich habe immer noch Albträume und Panikattacken", berichtete der Germeringer, der in der Verhandlung als Nebenkläger auftrat. Er sei seit dem Vorfall bei Menschen, die er nicht einschätzen könne, misstrauisch, seine Mutter habe ständig Angst um ihn. Sein Anwalt berichtete von posttraumatischen Belastungsstörungen, und dass die Schläge und Tritte gegen den Kopf des Schülers "auch hätten tödlich enden können".
Der Richter spricht von fehlender Impulskontrolle und einer "ganz kurzen Zündschnur"
Der Staatsanwalt hob hervor, dass der Angeklagte sowohl auf dem Steg als auch im Jugendzentrum aus nichtigem Anlass gewalttätig geworden sei und forderte für ihn zweieinhalb Jahre Gefängnis. Die Verteidigerin verwies darauf, dass ihr Mandant seine Schuld eingesehen und sich beim Opfer entschuldigt habe. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Angeklagte als jugendlicher Flüchtling allein mit seinem älteren Bruder aus dem Iran gekommen sei, wo sie als Afghanen unterdrückt worden seien. Die Anwältin beantragte eine Bewährungsstrafe von höchstens zwei Jahren und "engmaschige Hilfen" für den jungen Mann, der im Prozess erklärte: "Es tut mir sehr leid, was ich getan habe und entschuldige mich bei allen. Aber ich war betrunken."
Doch das Schöffengericht sah sich angesichts dieser massiven Gewalttat am Steg nicht in der Lage, dem Hauptangeklagten das Gefängnis zu ersparen. Richter Ralf Jehle führte die fehlende Impulskontrolle an, wodurch vor allem unter Alkoholeinfluss die Aggression ausbreche. Und in Stresssituationen sei dann die "Zündschnur ganz kurz", was auch auf den Mitangeklagten zutreffe, betonte Jehle.