74-Jähriger in Herrsching getötet:Auf der Seepromenade verliert sich die Spur

Lesezeit: 3 Min.

Polizisten sichern am Samstag den Tatort in Herrsching. (Foto: Christian Deussing)

In Herrsching wird ein 74-Jähriger an seiner Haustür erstochen. Die Polizei fahndet nach dem flüchtigen Täter und hofft, dass Aufnahmen von privaten Überwachungskameras Hinweise liefern.

Von Christian Deussing, Linus Freymark, Herrsching

Weiterhin auf der Flucht ist der unbekannte Mann, der am Freitagabend im Herrschinger Ortsteil Mühlfeld einen 74-jährigen Rentner an seiner Haustür getötet haben soll. „Die Fahndung läuft auf Hochtouren“, sagte der Leiter der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck, Manfred Frei, am Sonntag. Inzwischen ist die Ermittlungsgruppe „Mühlfeld“ mit 30 Beamten gebildet worden, um den mysteriösen Mordfall aufzuklären.

Wie das Polizeipräsidium Oberbayern Nord mitteilte, hatten durch einen Notruf alarmierte Beamte am Freitag gegen 21.30 Uhr den leblosen Körper des Rentners in dessen Anwesen in der Straße „Zur Kohlstatt“ aufgefunden. Nach Zeugenaussagen soll zuvor ein Mann zu Fuß vom Grundstück geflohen sein. Mit einem Großaufgebot von Polizisten, Streifenwagen, einem Hubschrauber und zwei Drohnen der Kreiswasserwacht und der Tutzinger Feuerwehr wurde deshalb nach dem Verdächtigen gesucht.

Die Ehefrau des Opfers konnte zu den Nachbarn flüchten, von wo aus die Polizei alarmiert wurde. Ein Notarzt stellte jedoch wenig später den Tod ihres Mannes fest, der früher Chefdesigner bei Rolls-Royce und Projektleiter bei BMW gewesen war. Nach SZ-Informationen ist der Herrschinger offenbar erstochen worden. Demzufolge suchen die Ermittler derzeit nach einem spitzen Gegenstand als Tatwaffe, womöglich handelt es sich dabei um ein Messer. Es seien keine Einbruchsspuren festgestellt worden, heißt es. Offenbar habe der 74-Jährige dem Täter die Tür selbst geöffnet. Ob sich Täter und Opfer kannten, werde derzeit geprüft. Der Senior soll am Freitagabend aber keinen Besuch erwartet haben.

Bis zum frühen Samstagmorgen versuchte die Polizei mit einer Großfahndung, den Flüchtigen ausfindig zu machen. Der Gesuchte ist nach Beschreibung der Ehefrau und einer Nachbarin etwa 1,80 bis 1,90 Meter groß, schlank und drahtig. Er trug zur Tatzeit eine helle Hose und ein dunkelblaues Kapuzensweatshirt. Zudem hatte er einen roten Rucksack dabei und gelb-grüne Handschuhe an.

In einem angrenzenden Waldstück suchen die Ermittler nach Hinweisen. (Foto: Christian Deussing)
Auch Personensuchhunde sind im Einsatz. Sie können die Spur des Verdächtigen bis zum Seeufer nachverfolgen, dort verliert sich die Fährte. (Foto: Christian Deussing)

Der Tatort war am Sonntag weiterhin nach Anweisung der Staatsanwaltschaft München II gesperrt. Der Garten wurde am Wochenende nach verdächtigen Gegenständen durchsucht. Die Beamten öffneten jeden Mülleimer und befragten die Nachbarn in der Siedlung, ob sie etwas Verdächtiges bemerkt hätten. Jeder Hinweis kann für die Ermittler wertvoll sein. Sie setzten auch Personensuchhunde ein, die die mögliche Fluchtfährte des Täters aufnehmen sollten. Dabei stellte sich heraus, dass der Unbekannte wohl in Richtung des nahen Ammersees geflüchtet war. Auf der Seepromenade verlor sich laut Polizei aber die Spur. Auch Taucher waren im Einsatz, um den See nach Beweismitteln abzusuchen.

Die Ermittler werten zudem die Aufnahmen von Überwachungskameras in Herrsching aus und bitten dafür um die Mithilfe der Bevölkerung: Denn das Material privater Kameras könnte neben den öffentlichen Geräten dazu führen, die Geschehnisse am Freitag und insbesondere die Fluchtroute des mutmaßlichen Täters nachzuvollziehen. Die Besitzer privater Überwachungskameras werden deshalb gebeten, ihre zwischen Freitagmittag und Samstagmorgen gemachten Aufzeichnungen der Polizei zur Verfügung zu stellen, wenn darauf Hinweise auf die Geschehnisse sein könnten. Die Bundespolizei wertet zudem das Videomaterial aus den S-Bahnen von und nach Herrsching aus.

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Solange der Verdächtige nicht gefasst ist, bleiben viele Fragen offen. Warum wurde der 74-jährige Familienvater getötet? Warum hatte der mutmaßliche Täter einen roten Rucksack dabei? Woher kommt der tödliche Hass?„Auf viele Fragen haben wir aber noch keine Antworten“, sagt Kripochef Frei. Wenn sich in diesem Fall mehr Konturen und Anhaltspunkte ergeben, wird die Kripo Fürstenfeldbruck wohl auch einen Profiler einsetzen, um mithilfe der Operativen Fallanalyse ein Täterprofil zu erstellen.

In der Nachbarschaft ist das Entsetzen über das Verbrechen groß. Es herrscht Fassungslosigkeit. „Dass so was Schlimmes in unserer ruhigen Straße passiert, hätte ich nie gedacht“, sagt eine Anwohnerin. Ein weiterer Nachbar erzählt, der 74-Jährige und seine Frau seien „nette Eheleute“ gewesen. Eine andere Anliegerin berichtet, dass der Mann häufig an Oldtimern und älteren Autos vor der Garage herumgeschraubt habe. Herrschings Bürgermeister Christian Schiller erklärte, er hoffe auf eine schnelle Aufklärung der Tat.

Zeugen, die am Freitagabend Beobachtungen gemacht haben, die mit der Tat in Zusammenhang stehen könnten oder Hinweise auf Identität oder Aufenthaltsort des Täters geben können, werden gebeten, sich unter 08141/6120 bei der Kriminalpolizei in Fürstenfeldbruck zu melden.

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