Die Madeleine-Ruoff-Straße führt mitten durch Herrsching. Radler dürften sie schätzen: Denn auf ihr haben sie seit einiger Zeit Vorfahrt. Geschichtsbewussten Menschen jedoch muss sie ein Dorn im Auge sein, gilt ihre Namensgeberin doch als Anhängerin der NS-Diktatur - ebenso wie Erich Holthaus und Alfred Ploetz, nach denen in der Ammerseegemeinde Straßen benannt sind.
Seit gut einem Jahr setzt sich der Gemeinderat daher intensiv mit ihrer Umbenennung auseinander. Doch ganz so einfach ist es wohl nicht. Bedenken gegen dieses Ansinnen vorgebracht, hat nämlich die Kommunalaufsicht im Landratsamt Starnberg.
Die Behörde vertritt die Ansicht, dass für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung, wie es bürokratisch formuliert wird, nicht nur die negativen Aspekte der Namensgeber beleuchtet werden dürften. Dargestellt werden müssten auch deren positiven Taten, die einst dazu geführt hatten, dass Straßen nach ihnen benannt worden waren.
Denn in einem Punkt ist die Gemeinde bereits aktiv geworden: Die Straßenschilder selbst wurden durch ein Täfelchen mit einem QR-Code ergänzt. Hinter dem Code verbergen sich Texte, die Kreis- und Gemeindearchivarin Friedrike Hellerer verfasst hat. Hellerer hat über die NSDAP im Landkreis Starnberg promoviert und gilt als profunde Kennerin der NS-Zeit.
Ihr zufolge kann Madeleine Ruoff vorgeworfen werden, sich an arisierten Immobilien bereichert zu haben. Erich Holthaus wiederum war Mitglied der SA und als besonders denunziationswillig bekannt. Nummer drei, Alfred Ploetz, wiederum hatte mehrere Schriften zur Rassenhygiene verfasst und sich explizit für das "Ausmerzen" von schwächlichen oder behinderten Neugeborenen ausgesprochen. Sein kompletter Name ist daher bereits 2002 aus dem Straßenbild verschwunden, heute heißt die Straße nur noch "Ploetz-Straße". Sie ist es auch, die bei der Kommunalaufsicht des Landratsamts Zweifel an einer möglichen Umbenennung geschürt hatte.
Würde sie erneut einen anderen Namen bekommen, würden alle möglichen Nachfahren oder Träger dieses Namens in Sippenhaft genommen. So berichtet Bürgermeister Christian Schiller aus der Unterredung vor gut drei Wochen mit der Behörde. Um die besagte fehlerfreie Entscheidung treffen zu können, muss Archivarin Hellerer nun nacharbeiten.
Sie ist beauftragt, die bereits veröffentlichten Texte zu ergänzen und sämtliche Straßennamen Herrschings auf einen Bezug zur NS-Zeit zu prüfen. Erst dann könne ein Grundsatzbeschluss dazu gefällt werden, so Schiller. Das bedeutet: Die ganze Angelegenheit wird noch viel Zeit in Anspruch nehmen.