Bluttat von Herrsching:Ex-Chefdesigner von Rolls-Royce erstochen: Tatverdächtiger in Frankreich festgenommen

Lesezeit: 2 Min.

In seinem Haus im Herrschinger Ortsteil Mühlfeld wurde ein 74-jähriger Mann erstochen. Der mutmaßliche Täter ist nun gefasst. (Foto: Georgine Treybal)

Nach Hinweisen aus der Bevölkerung spürt die Polizei in der Nähe von Paris einen 22-jährigen Mann auf. Er steht im Verdacht, am vergangenen Freitag einen Rentner in seinem Haus in Herrsching ermordet zu haben.

Von Michael Berzl, Christian Deussing, Herrsching

Sechs Tage nach dem gewaltsamen Tod eines Rentners aus Herrsching hat die Polizei in Frankreich einen Tatverdächtigen festgenommen. Wie das Polizeipräsidium Oberbayern-Nord mitteilt, handelt es sich um einen 22-Jährigen aus Serbien, der nach den Erkenntnissen der Ermittler über München, Innsbruck und Zürich geflohen war. Der Mann wurde am Donnerstagvormittag in einem Apartment im Pariser Vorort Aubervilliers aufgespürt. Er habe sich widerstandslos festnehmen lassen und werde am Freitag nun einem französischen Ermittlungsrichter vorgeführt. Derzeit befinde er sich in Auslieferungshaft, sagte Staatsanwalt Matthias Enzler. Das Motiv für die Tat ist aber noch ungeklärt.

Hinweise nach einer Öffentlichkeitsfahndung haben maßgeblich zu der schnellen Festnahme geführt. Mehr als 80 Hinweise gingen innerhalb kurzer Zeit ein. Der Fürstenfeldbrucker Kripo-Chef Manfred Frei lobt daher ausdrücklich die große Beteiligung der Bevölkerung an der Aufklärung des Verbrechens. „Die wertvollen Hinweise nach der öffentlichen Fahndung haben dazu geführt, dass wir den Tatverdächtigen schnell identifizieren konnten“, erklärte Frei. „Dies war ein Grundstein für die Festnahme des Mannes im Ausland.“ Der entscheidende Tipp kam von einem Zeugen aus München, der den Gesuchten auf den veröffentlichten Fahndungsfotos erkannt hatte und auch dessen Namen wusste. So sei es schnell gelungen, die Personalien des Tatverdächtigen zu ermitteln, behördlich zu verifizieren und an die Zielfahnder des Bayerischen Landeskriminalamtes zu übermitteln.

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Der Mann soll am vergangenen Freitagabend im Herrschinger Ortsteil Mühlfeld einen 74-Jährigen an dessen Haustür niedergestochen haben. Bei dem Opfer handelt es sich um den früheren Chefdesigner von Rolls-Royce. Inzwischen steht auch fest, womit der Mann erstochen worden ist, denn die Polizei spricht nun von einem Messer. Diese Information war bisher offiziell zurückgehalten worden, weil es sich um Täterwissen handelte.

Die Ehefrau des Opfers konnte laut den Ermittlern während der blutigen Attacke zu einem Nachbarn flüchten, der die Polizei alarmierte. Der Täter flüchtete umgehend nach der Tat. Im Haus fanden Polizisten dann die Leiche des Mannes. Nach bisherigen Erkenntnissen hatte sich der mutmaßliche Täter bereits mehrere Stunden vor der Tat in Herrsching aufgehalten. Dabei entstanden mehrere Videoaufnahmen, die Bilder wurden veröffentlicht. Bei der Kriminalpolizeiinspektion Fürstenfeldbruck wurde die 30-köpfige Ermittlungsgruppe „Mühlfeld“ gebildet.

Auf der Suche nach Spuren durchkämmt die Polizei ein Waldstück in Herrsching. Letztlich sind es aber Hinweise aus der Bevölkerung, die zum Fahndungserfolg führen. (Foto: Georgine Treybal)

In Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft München II und ausländischen Polizeibehörden gelang es, die Spur des Mannes aufzunehmen. Zielfahnder in Serbien, Österreich, der Schweiz und Frankreich wurden eingeschaltet. Schließlich konnte auch der Aufenthaltsort des Verdächtigen in einem Apartment in dem Pariser Vorort lokalisiert werden, wo ihn dann eine französische Spezialeinheit festnehmen konnte. Er war allein in der Wohnung und versuchte sich dort noch zu verstecken, um sich dem Zugriff zu entziehen, wurde mitgeteilt.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Mann einen heimtückischen Mord begangen hat. Der Haftbefehl sei entsprechend formuliert, erklärt Sprecher Matthias Enzler. Die Staatsanwaltschaft werde die Auslieferung des Beschuldigten aus Frankreich beantragen. Wie lange das Verfahren dauere, hänge vor allem von dessen Verhalten ab. Nach Angaben von Kripochef Frei war der 22-jährige Serbe wohnsitzlos und in Bayern polizeilich nicht bekannt gewesen.

Zum schnellen Fahndungserfolg führten insbesondere ein roter Rucksack und die Fotos der Überwachungskamera in einem Herrschinger Supermarkt, wo der Serbe vier Stunden vor der Tat grüngelbe Handschuhe gekauft hatte. Die Ermittler konnten auch den Fluchtweg des Mannes rekonstruieren, der mit der S-Bahn von Herrsching aus zunächst nach München gefahren und dort mit der Bahn weiter nach Innsbruck über Zürich nach Frankreich geflüchtet war.

Allerdings wird weiterhin gerätselt, warum der frühere Top-Designer der Luxusmarke Rolls-Royce sterben musste. Um diesen Fall komplett aufzuklären, ist die Ermittlungsgruppe „Mühlfeld“ weiterhin mit 30 Beamten aktiv.

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