Einzelhandel:Abschied aus der Fashionwelt

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Einzelhandel: Nach 33 Jahren nimmt Ulrike Soré (2. v. li.) nun Abschied aus der Fashionwelt. Ihr Herrschinger "Mode Mosaik" wird künftig Tanja Winheim (links) führen. Die Mitarbeiterinnen (v. rechts) Carola Gruber, Christine Stürzer, Carmen Hautman-Petzhold und Karin Bernhard werden bleiben.

Nach 33 Jahren nimmt Ulrike Soré (2. v. li.) nun Abschied aus der Fashionwelt. Ihr Herrschinger "Mode Mosaik" wird künftig Tanja Winheim (links) führen. Die Mitarbeiterinnen (v. rechts) Carola Gruber, Christine Stürzer, Carmen Hautman-Petzhold und Karin Bernhard werden bleiben.

(Foto: Nila Thiel)

Ulrike Soré hat 33 Jahre lang das "Mode Mosaik" in Herrsching geführt und mit vielen Events das gesellschaftliche Leben im Ort geprägt. Nun zieht sie sich zurück - mit einer großen Party.

Von Astrid Becker, Herrsching

Natürlich fließen Tränen. Bei allen. Und bei Ulrike Soré sowieso. 33 Jahre lang hat sie das "Mode Mosaik" in Herrsching geführt und sich nun, an diesem Donnerstagabend mit einer riesigen Party in den Ruhestand verabschiedet. Es ist der 60-Jährigen anzumerken, wie schwer ihr der Abschied fällt - auch, wenn sie zwischendrin herzlich lacht und all die Menschen umarmt, die ihren Weg durch die Fashionlandschaft begleitet haben. Und das sind jede Menge: Etwa 300 davon sind zu dem Event gekommen - und vermutlich wären es noch mehr gewesen, hätten es die Straßenverhältnisse mit Schnee und Eis zugelassen. Denn aus den reinen Geschäftsbeziehungen haben sich über die Jahre hinweg auch Freundschaften entwickelt.

Der Stimmung an diesem Abend kann das Wetter schon allein deshalb so gar nichts anhaben. Ulrike Soré hat für ihr letztes Fest in ihrer Boutique in der Seestraße aber auch einen enormen Aufwand betrieben: Auf dem Platz vor dem Laden sind Pavillons aufgebaut mit Stehtischen und engelsgleich dekorierten Schaufensterpuppen, diverse Strahler tauchen das Ambiente in orangerotes Licht. Ihre Geschäftsräume selbst hat Soré mit weißen, gelben, schwarzen und silberfarbenen Luftballons dekoriert. An verschiedenen Stellen hängt die Zahl "33", mal in Schwarz, mal in Silber. Einer "Farbschiene", wie die scheidende Boutiquenbesitzerin sagen würde, die ganz und gar ihr selbst entspricht. Und um sie und ihren Laden geht es schließlich an diesem Abend.

Der Vater half stets beim Renovieren, die Mutter machte die Buchhaltung

Was sie mit ihrem "Mode Mosaik" geschaffen hat, ist denn auch auf einem Bildschirm zu sehen in dem Imbisswagen, der auch draußen vor dem Geschäft aufgebaut ist und aus dem den ganzen Abend lang Glühwein und Crêpes gereicht werden. Es gibt Prosecco und feine Häppchen der Seefelder Metzgerei Ruf, schier ohne Ende. Typisch für die Fashion-Ikone, die nicht nur die erste ihrer Art in der Ammersee-Gemeinde war, sondern dort auch immer wieder mit Modenschauen und zahlreichen Festen von sich reden machte. Zum Beispiel dann, wenn sie ihr Geschäft alle paar Jahre komplett umgestaltet und neu ausgerichtet hat. Übrigens immer mit Hilfe ihrer Familie: Da war zum Beispiel Vater Bruno Wimmer, der in diesem Sommer gestorben ist und stets Hand angelegt hat bei den vielen Renovierungen. Und der jeden Morgen, Punkt acht Uhr, vor dem Laden gestanden ist, um seine Tochter zu begrüßen. So erzählt es Ulrike Soré in ihrer Abschiedsrede. "Er war immer da."

Dann ist da natürlich auch noch Mutter Gerti Wimmer, von der Soré ganz offensichtlich Umtriebigkeit, Verkaufstalent, die Liebe zur Mode und den Sinn für Ästhetik geerbt hat. 20 Jahre haben die beiden Frauen miteinander gearbeitet: erst im einstigen Herrschinger Sportgeschäft Henle, dann im "Mode Mosaik". "Ich habe die beiden vor vielen Jahren in München kennengelernt, wo ich als Mannequin gearbeitet habe - und sie für Schwestern gehalten", erzählt dann auch Raphaela Ackermann, die Fernsehmoderatorin und Schwester von Thomas Gottschalk, die spontan zum Mikrofon greift und auch noch eine Rede hält. Dass die beiden Mutter und Tochter waren und sie diese später nach ihrem Umzug an den Ammersee in Herrsching wiedertreffen würde, habe sie nicht gedacht. Aufgefallen seien sie ihr aber wegen ihres ungewöhnlichen Stilbewusstseins in Sachen Mode, so sagt sie es sinngemäß.

Einzelhandel: Drei Generationen Mode: Ulrike Soré (links) mit Mutter Gerti Wimmer und Tochter Nathalie Soré.

Drei Generationen Mode: Ulrike Soré (links) mit Mutter Gerti Wimmer und Tochter Nathalie Soré.

(Foto: Nila Thiel)

Sorés Mutter Gerti ist heute über 80 Jahre alt, bis 65 hat sie noch im Mode Mosaik verkauft, bis 70 die Buchhaltung gemacht. Und klar, dass auch sie an diesem Abend dabei ist und allen dankt, die ihre "Maus" über die Jahre hinweg unterstützt haben. Da ist zum Beispiel Sorés Tochter Nathalie, die ihre Mutter in der Pandemie, im Lockdown auf die Idee brachte, die sozialen Medien für sich zu nutzen. "Ich habe damals zwei Tage nur geweint, dann hat meine Nathalie gesagt: Mama, es reicht - und mir das Handy in die Hand gedrückt", erzählt Ulrike Soré bei ihrem letzten Auftritt für ihr Modegeschäft. Bis zu diesem Moment konnte die Herrschingerin mit den modernen Kommunikationsmitteln so gar nichts anfangen: Entstanden sind in der Folge dann aber tägliche Videos auf Instagram, die sich so manch einer ihrer vielen Followers noch abends als "Betthupferl" angeschaut hat, wie es Karin Bernhard in ihrer Ansprache an die Chefin formuliert. Bernhard ist eine von "meinen Mädels", wie Soré ihre Mitarbeiterinnen nennt, für die sie auch sehr herzliche Worte findet: "Ihr seid die Besten der Welt, ich liebe euch sehr."

Einzelhandel: Viele Stammkunden sind längst Freunde geworden: Peter Hebbletawaite und Barbara Lidl, die nach eigenen Aussagen von Anfang an nur bei Soré eingekauft hat. Weil die Mode dort ihrem individuellen Stil entsprochen habe, sagt sie.

Viele Stammkunden sind längst Freunde geworden: Peter Hebbletawaite und Barbara Lidl, die nach eigenen Aussagen von Anfang an nur bei Soré eingekauft hat. Weil die Mode dort ihrem individuellen Stil entsprochen habe, sagt sie.

(Foto: Nila Thiel)

Das mag sich ein bisschen rührselig, pathetisch anhören. Doch spricht es für die Emotionalität, die immer in Sorés Reich präsent war, das weit mehr als ein Klamottenladen war. Sondern ein Treffpunkt für viele Frauen, an dem es recht persönlich zuging, an dem private Sorgen und Nöte ausgetauscht wurden oder über Politik diskutiert wurde. Fast nebenbei erfolgte da manchmal die umfangreiche Outfit-Beratung, meist gepaart aus edlen Teilen bekannter Labels und günstigeren Basics, die Soré regelmäßig aus Italien selbst importierte. Ohne den Mann an ihrer Seite, Robert Kroth, hätte sie diese Trips, 800 Kilometer hin, 800 Kilometer zurück, aber kaum bewältigen können. Er ist es auch, dem Soré deshalb auf besondere Weise dankt. Sie will ihm die Unterstützung, die er ihr jahrelang gegeben hat, nun zurückgeben: "Ich lege jetzt meine Zeit in deine Hände." Im Januar fahren die beiden erst einmal in Urlaub: Zwei Wochen Ägypten. "Das muss jetzt sein", sagt sie. Und dann will sich Ulrike Soré auf jeden Fall wieder ihren anderen kreativen Leidenschaften widmen, der Malerei zum Beispiel, für die sie in den vergangenen Jahren zu wenig Zeit hatte. Eine Ausstellung würde sie gern organisieren, vielleicht im "La Villa" in Niederpöcking: "Das würde mir gefallen." Und die Freundschaften pflegen, die sie all die Jahre in ihrem Geschäft geschlossen hat: "Denn die sozialen Kontakte hier, das wird mir fehlen. Ich vermisse meine Kunden ja jetzt schon."

Seit 25. November ist der Laden bereits geschlossen, weil es schon nach nur einem Tag keine Ware mehr gab für den Ausverkauf, der eigentlich bis 10. Dezember dauern sollte. Weitergehen wird es im "Mode Mosaik" am 26. Januar unter neuer Leitung: Tanja Winheim übernimmt. Am Konzept soll sich nichts ändern, auch nicht am Personal. "Ich kenne Uli schon seit zwölf Jahren und fand immer toll, was sie gemacht hat", sagt die Nachfolgerin an diesem Abend. Und auch sie hat dabei ein paar Tränen in den Augen.

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