Süddeutsche Zeitung

Herrsching:Lebensmitteltüten, Einkaufsdienste, Bargeldhilfen

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Die Corona-Pandemie stellt die Mitarbeiter der Herrschinger Insel vor große Herausforderungen

Von Christine Setzwein, Herrsching

Die Corona-Pandemie hat auch die "Herrschinger Insel" vor große Herausforderungen gestellt. Die psychosoziale Beratungsstelle und professionelle Anlauf- und Koordinationsstelle für zivilgesellschaftliches Engagement registrierte 2020 eine starke Zunahme der Anfragen: 2704 waren es, 2019 wurden noch 2482 gezählt. Das alles und noch viel mehr ist im Jahresbericht 2020 der Informations- und Beratungsstelle nachzulesen, den die Leiterin Barbara Maier-Steiger jüngst vorstellte.

Allein die Anfragen wegen finanzieller Probleme stiegen im ersten Corona-Jahr um 30 Prozent auf 245. Aus unterschiedlichen Gründen "müssen immer mehr Menschen mit sehr niedrigen Einkommen zurechtkommen", heißt es im Bericht. Arbeitslosengeld II-Empfänger, Rentner, chronisch Kranke sowie Alleinerziehende seien davon am meisten betroffen. Unvorhergesehene Kosten etwa für Reparaturen oder Medikamente stellten diese Menschen dann vor unlösbare Probleme. Der pandemiebedingt eingeschränkte Zugang zum Jobcenter und Landratsamt, die erschwerte Erreichbarkeit der zuständigen Mitarbeiter hätten dazu geführt, dass sich die Bearbeitungszeiten von Sozialhilfeanträgen verlängerten und so oft Monate vergingen, bis Geld floss. "Manche Mieterinnen und Mieter mussten deshalb auch bangen, ihre Wohnung zu verlieren." Bezahlbarer Wohnraum ist kaum vorhanden und dabei werden immer mehr Wohnungen benötigt.

In den Räumen der Insel wurden strenge Hygienekonzepte erstellt, Masken, Desinfektionsmittel und Plexiglastrennwände besorgt. Es wurden zwei Teams gebildet, eines in der Insel, das andere im Homeoffice. Maier-Steiger: "So hätten wir das Beratungsbüro nicht schließen müssen, falls ein Infektionsfall aufgetreten wäre. Die Pandemie verlangte uns einiges an Flexibilität und Organisationstalent ab."

Aber die Herrschinger Insel habe sich in der Krise gut bewährt. Beeindruckend sei gewesen, "wie viel wertvolles, spontanes und informelles Engagement uns erreichte". Die Hilfsbereitschaft sei riesig gewesen. Während die Tafel von März bis Juni geschlossen war, wurden zum Beispiel insgesamt 91 hilfebedürftige Bürger, darunter zwölf Familien, regelmäßig und individuell mit Lebensmitteltüten, Gutscheinen und Barbeträgen unterstützt. Die Höhe entsprach in etwa dem Betrag, den man sich hätte einsparen können, wenn die Tafel geöffnet gewesen wäre. Die Ausgabe fand kontaktlos durch das Anlieferungsfenster der Tafel statt. Dabei wurden auch selbst genähte Masken verschenkt, und "wir hatten immer Zeit, mit den Menschen übers Fenster ins Gespräch zu kommen". Auch einen Einkaufsservice gab es, zu dem sich Herrschinger im Alter von 18 und 80 Jahren gemeldet hatten.

Ebenfalls kontaktlos, nämlich über das Fenster im Hinterhof der Insel, wurden die acht gespendeten Isarcards verliehen. Die Karten wurden 2020 1693 mal genutzt, und das obwohl sie 16 Wochen lang nicht vergeben werden durften.

Ziel der Herrschinger Insel ist es, Ratsuchende zu selbstbestimmtem Handeln zu befähigen, Menschen in schwierigen Lagen zu unterstützen, soziale Angebote zu vernetzen, gemeinnützige Projekte anzustoßen, Generationen und Kulturen zu verbinden sowie das soziale Miteinander zu fördern.

Für ihr Engagement beim Umzug des Inselmarkts in neue Räume und für das HIMA-Projekt (Herrschinger-Insel-Masken-Aktion, bei der 2000 Masken genäht wurden), wurden Angela Ziegler, Andres Thullner und Ute Stolle geehrt. Jetzt hofft das Insel-Team, dass sinkende Inzidenzzahlen es zulassen, dass das niederschwellige Beratungsangebot wieder ohne Terminvergabe und Anmeldung aufgenommen werden kann.

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Quelle:
SZ vom 11.08.2021
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