Frauen in der Kommunalpolitik:Die Netzwerkerin

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Frauen in der Kommunalpolitik: Die Herrschinger Kommunalpolitikerin Fromuth Heene (CSU) ist eine der aktivsten im Landkreis Starnberg.

Die Herrschinger Kommunalpolitikerin Fromuth Heene (CSU) ist eine der aktivsten im Landkreis Starnberg.

(Foto: Georgine Treybal)

Fromuth Heene aus Herrsching organisiert für ihren CSU-Ortsverband landkreisweit hochkarätig besetzte Veranstaltungen. Dabei zahlt sie ihren Gästen allerdings keinen Cent Honorar. Wie sie die Referenten trotzdem für sich gewinnt, verrät sie im Gespräch.

Von Astrid Becker

Wer Fromuth Heene zum ersten Mal zuhause besucht, dem dürfte eines sofort ins Auge stechen: Die Menschen, die hier in dem Holzhaus in Breitbrunn leben, müssen recht unterschiedliche Interessen haben. Da sind einerseits die großen Gemälde an der Wand, die allesamt Tochter Karoline nach dem Vorbild großer Meister gemalt hat. Dann ist da der präsente Glaskasten mitten im Raum, der große Modelle zweier Ausflugsdampfer vom Ammersee birgt. Die hat einst Heenes Mann Andreas gebaut, "als er eigentlich fürs Abitur lernen sollte", erzählt die Hausherrin. Und da sind natürlich die afrikanischen Tierfiguren im Regal, der Teppich, den afrikanische Krieger zieren, die beiden Wohnzimmersessel, die mit einem Zebramuster überzogen sind. Das alles ist Fromuth Heenes großer Liebe zu Afrika zuzuschreiben.

Was wie ein buntes Sammelsurium klingt, hat überall in diesem Haus seinen Platz und fügt sich zu einem harmonischen Ganzen. Das mag an seinem Erbauer liegen, Heenes Mann Andreas - er ist Architekt. Sicher aber auch an seiner Frau Fromuth, für die das Thema "Verbindungen schaffen" wahrscheinlich sogar lebensbestimmend ist. Der Ursprung für diese Fähigkeit könnte in ihrer Kindheit zu finden sein.

Nach ihrer Geburt im baden-württembergischen Herrenberg wandert ihre Familie erst einmal nach Südafrika und gleich anschließend nach Namibia aus. Vielleicht weil es die sechziger Jahre sind, vielleicht weil sich Vater und Mutter dort ein besseres Leben erhoffen - weit weg vom Kalten Krieg, von dem Vietnamkrieg, von der Kuba-Krise. "Ich habe nur noch bruchstückhafte Erinnerungen an diese Zeit", sagt Heene, "aber meine Liebe zu Afrika kommt sicher da her." Der Vater bestreitet in der ehemaligen deutschen Kolonie seinen Lebensunterhalt in einem englischen Verlag, stirbt allerdings früh. Fromuth Heene, heute 59, ist das zweitälteste Kind und sechs Jahre alt, als die Familie nach Deutschland zurückkehrt - genauer gesagt an den Starnberger See.

Als Schülerin fällt Fromuth Heene, die Preißin, allein schon deshalb auf, weil bei ihr zuhause nur Hochdeutsch gesprochen wird

Sie geht in Münsing zur Schule. Der Anfang wieder zurück in einem Land, das ihr so gar nicht vertraut ist, ist beschwerlich: "Ich weiß noch gut, dass mich alle eine `Preißin` genannt haben, nur weil ich kein Bairisch konnte: Dabei stammte meine Mutter aus Bayern, mein Vater aus der Steiermark." Aber Fromuth Heene fällt nun einmal auf, allein schon deshalb, weil bei ihr zuhause nur Hochdeutsch gesprochen wurde. Aber Heene beißt sich durch, freundet sich an mit der hiesigen Mentalität, geht einfach offen auf Menschen zu. Nach dem Schulabschluss beginnt sie bei einem Elektrogroßhandel eine Ausbildung zur Kauffrau. Schnell steigt sie im Unternehmen auf, wird Leiterin der Export-Abteilung. "Ich könnte dort noch heute arbeiten", erzählt sie: "Ich wurde immer wieder mal gefragt, ob ich nicht zurückkommen möchte."

Doch für Heene ist das kein Thema mehr, seit sie ihren Mann bei einem Urlaub in Italien kennengelernt hat. Nach sechs gemeinsamen Jahren heiratet sie und bekommt mit ihm zwei Kinder: Tochter Karoline (heute 29) und Sohn Felix, 27 Jahre alt. Beide Kinder sind schwerhörig, was aber zunächst nicht erkannt wird. Dann kommt die schlimme Prognose, sie würden irgendwann taub werden. Für Heene ist an diesem Punkt klar, dass sie nicht mehr in ihren einstigen Job zurückkehren wird. Sie will sich um ihre Kinder kümmern und - in Teilzeit - ihrem Mann in seinem Architekturbüro helfen. Zunächst lebt das Paar in München, aber "mein Mann als Segler wollte unbedingt in die Nähe eines Sees ziehen." Das Grundstück im Herrschinger Ortsteil Breitbrunn finden sie über einen Zufall. Es war eigentlich schon vergeben, doch der Käufer steigt aus - und ein Jahr später bekommen die Heenes den Zuschlag.

Ihr Ur-Ur-Großonkel war Maximilian von Feilitzsch (1834-1913), von 1881 bis 1907 bayerischer Innenminister

Fromuth Heene bezeichnet sich selbst als "schon immer politisch sehr interessiert" - was vielleicht auch in ihrer Familie liegt. Ihr Ur-Ur-Großonkel war Maximilian von Feilitzsch (1834-1913), von 1881 bis 1907 bayerischer Innenminister. Nach ihm wurde die Feilitzschstraße in München benannt und ursprünglich auch die Münchner Freiheit, die früher Feilitzschplatz hieß. Er muss wohl auch recht umtriebig gewesen sein - was Heene möglicherweise von ihm geerbt hat. Jedenfalls wird sie - neben Familie und der Arbeit für ihren Mann - schon bald in Herrsching aktiv: Sie gründet einen Förderverein für die Schule, "der noch immer existiert", wie sie nicht ganz ohne Stolz sagt, tritt in die Frauenunion ein, wird bald mit der Frage konfrontiert, ob sie dort nicht die Leitung übernehmen könne: "Damals hatte ich auch mal wieder ein Angebot meiner Firma. Aber das war ja keine Herausforderung mehr, das hatte ich ja lange genug gemacht." Das ist es wohl, was sie antreibt: sich ständig neue Herausforderungen zu suchen und sich ihnen zu stellen.

Sie organisiert ein Frauenfrühstück zu verschiedenen Themen, die junge Eltern bewegen. Dachte sie zumindest. "Doch das hat irgendwie keinen so recht interessiert", erzählt sie. Also fragt sie sich, was sie denn selbst so bewegt: Sie denkt an die vielen Demonstrationen im Land zurück, etwa zum Nato-Doppelbeschluss Ende der Siebziger: "Ich habe mich gefragt, wie das eigentlich funktioniert mit der Mobilisierung der Massen. Ich war ja auch auf einigen Demonstrationen dabei, habe mich da aber nicht wohl gefühlt unter so vielen Menschen." Bei Freunden, "einem reinen SPD-Haushalt", sei dann viel diskutiert worden, auch äußerst kontrovers - und das habe ihr plötzlich die Augen geöffnet: Strittige, polarisierende Themen, sie sind es, die Aufmerksamkeit erregen. Welche Rolle etwa die Medien spielen, wie es um die Sicherheit des Landes bestellt ist, damals und jetzt seit dem Krieg in der Ukraine, was passiert im Falle eines Blackouts? Die Liste der unzähligen Veranstaltungen, die sie seit damals organisiert hat, ist lang - so wie mittlerweile auch ihre politische Vita. Über die CSU sagt sie sinngemäß, nicht immer mit allem einverstanden gewesen zu sein, aber dort noch am ehesten ihre Heimat gefunden zu haben. Seit 2017 ist sie Vorsitzende der Christsozialen in Herrsching - und mischt das politische Leben ihrer Gemeinde ordentlich auf. Die CSU am Ort und im Kreis als Vorsitzende des Außen- und sicherheitspolitischen Arbeitskreises Starnbergs zu positionieren, deren Profil zu schärfen - das hat sie sich wohl auf die Fahne geschrieben.

Frauen in der Kommunalpolitik: Spannende Vorträge: Heene hat in diesem Jahr den Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, für einen Vortrag in Herrsching über "Die Zeitenwende aus Luftwaffenperspektive" gewinnen können.

Spannende Vorträge: Heene hat in diesem Jahr den Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, für einen Vortrag in Herrsching über "Die Zeitenwende aus Luftwaffenperspektive" gewinnen können.

(Foto: Georgine Treybal)

Um hochkarätige Gäste zu finden, besucht sie selbst viele Veranstaltungen, nicht nur in München und Umgebung, sondern beispielsweise auch in Berlin. Fünf- bis sechsmal im Monat, wie sie sagt. Dort verschafft sie sich die Kontakte, die sie für ihr Anliegen braucht. Wie zum Beispiel zum Brigadegeneral a.D. Erich Vad, früherer Sicherheitsberater der langjährigen Bundeskanzlerin Angela Merkel, der gleich zwei Mal nach Herrsching kommt - einmal 2014, zum zweiten Mal 2018 - und sich schon damals zur Gefährdungslage Deutschlands äußert. Oder jüngst der Abend mit Generalleutnant Ingo Gerhartz in Herrsching zur Zeitenwende aus Luftwaffenperspektive nach Ausbruch des Ukraine-Krieges. Auf diese Veranstaltung ist sie besonders stolz: "Wir hatten nicht mit so einem großen Andrang gerechnet, wir mussten noch zusätzlich Stühle aufstellen." Dann waren da in den vergangenen Jahren aber auch noch der Münchner Philosoph Julian Nida-Rümelin, die einstige bayerische Familienministerin Kerstin Schreyer, die US-amerikanische Generalkonsulin Jennifer Gavito, der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein und viele andere mehr.

"Gegen einen Amtsinhaber kann man kaum gewinnen"

Mit Ausbruch der Pandemie ist es jedoch erst einmal vorbei mit diesen hochkarätigen Politikabenden. "Ging ja nicht mehr", sagt sie. Viel Zeit hätte sie aber wohl ohnehin nicht für die Organisation gehabt: Sie will 2020 bei der Kommunalwahl Bürgermeisterin von Herrsching werden. Doch diesen Kampf verliert sie: "Gegen einen Amtsinhaber, der sich wieder zur Wahl stellt, kann man kaum gewinnen", sagt sie. Im Grunde sei ihr das auch von Anfang an klar gewesen, aber das blende man irgendwann einfach aus: "Diese Zeit war sehr lehrreich für mich." Dafür zieht sie in den Gemeinderat ein, gibt das Mandat aber schon bald wieder ab: "Ich musste mich entscheiden, alle Ämter auf einmal waren einfach zu viel. Der Zeitaufwand allein für den Gemeinderat ist sehr hoch, wenn man es ernst nimmt." Und dann war da auch noch ihr Mann, der sie um Unterstützung bei einem Großprojket in Jena gebeten hatte. Schweren Herzens gibt sie deshalb den Sitz im Herrschinger Rat auf. Da war aber vielleicht auch noch etwas anderes, was sie später noch zugibt: "Man glaubt, Wunder was man da bewegen kann und steckt doch so sehr in der Bürokratie fest, die es zu beachten gilt."

2021 wird es daher zunächst einmal ein wenig ruhiger um Fromuth Heene, doch seit diesem Jahr legt sie wieder richtig los: Neben weiteren Vorträgen zu aktuellen Themen macht sie sich noch mit politischer Strategieberatung, Recherche und Coaching selbständig: "Läuft gut an". Das klingt selbstbewusst. Das gibt sie auch zu: "Ich weiß jetzt, dass ich das gut kann: Themen setzen." Und mit diesem Bewusstsein gelingt es ihr auch immer wieder, Menschen als Redner auf ihren Veranstaltungen zu gewinnen: "Wie ich das mache? Ich spreche sie einfach an und sage ganz direkt: 'Sie müssen Lust auf das Thema haben. Denn Geld gibt es dafür keines'." Das scheint zu funktionieren.

Frauen in der Kommunalpolitik: Neben der Politik ist Kochen die große Leidenschaft von Fromuth Heene. Die letzten reifen Tomaten des Jahres verwandelt sie in Marmelade.

Neben der Politik ist Kochen die große Leidenschaft von Fromuth Heene. Die letzten reifen Tomaten des Jahres verwandelt sie in Marmelade.

(Foto: Georgine Treybal)

Mehr Zeit hat sie dann an diesem Tag allerdings nicht mehr. Sie muss noch die letzten reifen Tomaten des Jahres einkochen. Und dann ist da auch noch das virtuelle Meeting mit "World Food Programme". Weil es da so eine Schule in Burkina Faso gebe, die dringend 3000 Euro Unterstützung brauche, um weiter bestehen zu können, erzählt sie: "Da würde ich gern helfen." Verständlich. Wer Fromuth Heene kennt, weiß: Afrika ist eine Herzensangelegenheit. Ebenso wie das Netzwerken: "Ich könnte ja gar nicht anders."

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