Europawahl im Landkreis Starnberg:„Wo die Grünen stark sind, ist auch Volt stark“

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Jochen Nibbe ist für Volt im Bezirkstag und betreibt einen Strandkiosk in Herrsching am Ammersee. (Foto: privat)

Bezirksrat Jochen Nibbe aus Herrsching zum Erfolg der Kleinstpartei Volt im Fünfseenland.

Interview von Carolin Fries, Herrsching

Jochen Nibbe aus Herrsching ist gut gelaunt am Montagvormittag. Der 63-Jährige hat den Wahlabend mit Freunden im Dachsbräu in Weilheim verbracht: „Wir haben die Ergebnisse ständig an den Handys verfolgt“, erzählt der Volt-Bezirksrat. Bundesweit gab es 2,6 Prozentpunkte für die proeuropäische Kleinstpartei, im Landkreis Starnberg 3,2. Zeit für eine Analyse.

SZ: Herr Nibbe, Volt ist einer der Gewinner der Europawahl. Was sagen Sie zu den Ergebnissen?

Jochen Nibbe: Das kommt auch für uns überraschend, damit hätten wir nicht gerechnet. Fünf Volter werden nun ins EU-Parlament einziehen, drei aus Deutschland und zwei aus den Niederlanden. Wir hatten mit insgesamt drei Mandaten gerechnet.

Wie erklären Sie sich den großen Zuspruch?

Das ist relativ einfach: Ganz viel Arbeit und Kontinuität seit Jahren. Auf kommunaler und nationaler Ebene ist das nur schwer zu sehen, wir sind eine Europapartei. 2017 hat sich Volt Europa in Belgien gegründet und wir tun nur so, als wären wir eine Partei, denn es gibt kein europäisches Parteiengesetz.

Inwiefern ist Volt noch anders als die Volksparteien?

Wir sind eine ganz junge Partei mit nur ganz wenig alten Mitgliedern wie mir. Uns geht es darum, dass 20- und 30-Jährige mit ihren Zukunftsvisionen Politik machen. Die meisten von uns haben bislang nie etwas mit Politik zu tun gehabt.

So wie Sie, als Sie im vergangenen Jahr für Volt in den Bezirkstag Oberbayern gewählt wurden.

Ich hatte keine Ahnung von nix und musste lernen, wie langsam und blockierend die Bürokratie ist.

Haben Sie eine Ahnung, warum Volt gerade im Landkreis Starnberg so stark ist? In Wörthsee und Weßling gab es sogar mehr als vier Prozentpunkte.

Das kann ich mir selbst nicht erklären. In Herrsching ist mir schon klar, woher die 3,5 Prozent kommen, dort habe ich den Strandkiosk „Bootshaus“ und kenne den halben Ort. Dort hat Volt auch sieben der 30 Mitglieder aus dem ganzen Landkreis, in Weßling und Wörthsee niemanden. Aber bundesweit ist es ja so: Dort, wo die Grünen stark sind, ist auch Volt stark.

Ist Volt denn grün?

Ich würde sagen, inhaltlich mitunter fast schon verwechselbar. Wobei Volt eher sozialliberal-ökologisch ist – und vor allem europäisch. Es ist schwierig, eine nationale Partei mit einer europäischen Partei zu vergleichen.

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Stellt sich die Frage, in welche Fraktion im EU-Parlament man geht, gelb oder grün?

Mal sehen, wo die besten Ergebnisse in den Gesprächen herauskommen. 2019 hat die FDP verhindert, dass Volt zu Renew ging, weil die Liberalen einen nationalen Fraktionszwang forderten. Volt hätte also immer mit der FDP stimmen müssen. 80 Prozent der Mitglieder entschieden sich darum dafür, der Fraktion der Grünen beizutreten. Auch diesmal werden die etwa 27 000 Mitglieder in Europa abstimmen.

Ziel von Volt Deutschland ist der Einzug in den Bundestag. Sind Sie da dabei?

Ich mache erst mal nichts anderes als den Bezirkstag, werde aber vielleicht als Direktkandidat für den Bundestag kandidieren. Einfach, weil dann die Aufmerksamkeit größer ist. Politik ist kein Sprint, sondern ein sich wiederholender Triathlon: Landeswahlen, Europawahlen, Bundeswahlen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir auf Bundesebene zweistellig werden und das ist auch nicht unser Ziel. Mit den Zweitstimmen die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen, das wäre aber schon schön.

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