Herrsching:Bürgermeister mit Entertainer-Gen

Christian Schiller spricht in seiner Rede bei der Bürgerversammlung in eineinhalb Stunden mehr als drei Dutzend Themen an. Die Herrschinger wollen eine zu dichte Bebauung im Ort verhindern

Von Ute Pröttel, Herrsching

Seine beiden Stellvertreter seien immer total glücklich, wenn er zur Bürgerversammlung fit sei, eröffnet Christian Schiller den Abend. In seiner 90 Minuten dauernden Rede reitet der Herrschinger Bürgermeister durch 40 Themen. In der Hand hält er dazu einen ganzen Stapel Moderationskarten. Ein modernes Headset dient ihm als Mikro. Schillers Vortrag hat Unterhaltungswert, auch wenn die jüngeren Herrschinger an diesem Abend vielleicht lieber den Vorentscheid für den Eurovision Song Contest oder "Germany's Next Topmodel" ansahen.

Mehr Reality hätten sie sicher in der Martinshalle der Christian-Morgenstern-Volksschule erlebt. Was die rund 250 Herrschinger Bürger, die zum Rechenschaftsbericht gekommen waren, umtreibt, ist der enorme Baudruck und das Gefühl, die Gemeinde nähme zu wenig Einfluss auf die Ästhetik der neu gebauten Objekte. In mehreren Anfragen wird die verstärkte Nutzung von Bebauungsplänen gefordert, um vor allem überdimensionierte Neubauten in Schach zu halten. Der einzige Antrag, der an diesem Abend gestellt wird, hat zum Ziel, dass der Gemeinderat auch ältere Ortsteile, die bis dato keinem Bebauungsplan unterliegen, überplanen solle. Bürgermeister Schiller stellt klar, dass Bebauungspläne nicht der Verhinderung von neuen Bauprojekten dienen, sondern ein Instrument städtebaulicher Prägung vor allem für neu entstehende Ortsteile darstellt. Die Überplanung bestehender Bebauung mit einigen wenigen Baulücken sei kompliziert und scheitere oft an Kleinigkeiten wie der Frage der Versickerung. Der Aufwand der Erstellung stehe nicht in Relation zum gewünschten Ziel. Sollte der Antrag jedoch eine Mehrheit finden, werde sich der Gemeinderat innerhalb der kommenden drei Monate mit dem Thema beschäftigen müssen. Der Antrag wurde abgelehnt.

Herrsching Schlossgartenfest

Die Unterhaltung soll beim Herrschinger Schlossgartenfest nicht zu kurz kommen. Vandalismus will die Gemeinde aber künftig stärker verfolgen.

(Foto: Georgine Treybal)

Auch das neue Gymnasium bewegt die Gemüter. Dem Förderverein geht die Planung zu langsam. Ein Anlieger aus der Panoramastraße, dem das Gymnasium demnächst vor die Aussicht gesetzt wird - ausdrücklich kein Gegner des Projektes - fordert eine frühzeitige Beteiligung der Anlieger bei der Planung. Ansonsten scheue er auch vor Klagekosten im sechsstelligen Bereiche nicht zurück. Schiller und Landrat Roth verwiesen auf die noch ausstehende Erstellung eines Bebauungsplans und luden zu einer regen Teilnahme in den Auslegungsphasen ein. Im vergangenen Jahr wurde die Verkehrsanbindung für das Großprojekt konzeptioniert. Die Erschließung wird über einen Kreisverkehr in Höhe des Mühlfelder Schlösschens erfolgen. Mit dem Bau wird noch in diesem Jahr begonnen.

In seinem Rechenschaftsbericht warb der Bürgermeister um Verständnis für das Alkoholverbot im Kurpark und kündigte an, dass es aufgrund der veränderten Sicherheitslage beim kommenden Schlossgartenfest Taschenkontrollen und höchstwahrscheinlich ein Rucksackverbot geben wird. Die Installation von Überwachungskameras im Wert von 12 000 Euro rechtfertigt er mit den hohen Kosten, die der Gemeinde jedes Jahr durch Vandalismus entstehen. Auch in 2016 seien diese wieder gestiegen und beliefen sich auf 60 000 Euro. Schiller führte ein Video vor, das einen jungen Mann zeigt, der die Türe der öffentlichen Toiletten am Kurparkschlösschen brutal mit dem Fuß auftritt und damit einen Sachschaden von einigen hundert Euro verursacht. "Jede Sachbeschädigung wird zur Anzeige gebracht", kommentiert er die Bilder.

Herrsching Verkehr

Viel Verkehr herrscht auf der Herrschinger Ortsdurchfahrt. Die Frage ist, ob hier noch Platz für einen Radfahrstreifen ist.

(Foto: Georgine Treybal)

Zum Thema Radfahrstreifen auf der Staatsstraße durch die Ortsmitte lässt der Bürgermeister mit dem Entertainer-Gen das Publikum klatschen. Erst die Befürworter, dann die Kritiker. Das Ergebnis: ein Patt.

Bei der Gewerbesteuer erwartet Herrsching im kommenden Jahr Einnahmen von zirka 6,5 Millionen. Das sind rund neun Prozent weniger als in 2016. Weshalb Schiller auch ein flammendes Plädoyer für das Einkaufen bei lokalen Anbietern hielt. Bei der Einkommensteuer liegt die Prognose bei 7,6 Millionen. Der Haushalt 2017 sieht Ausgaben von insgesamt rund 25,5 Millionen vor. Das größte Projekt wird die Erweiterung der Christian-Morgenstern-Schule sein. Sie schlägt mit 1,1 Millionen Euro zu Buche.

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