Der Mord an der Haustür im Herrschinger Wohnviertel Mühlfeld bleibt auch nach zehn Wochen rätselhaft. Warum hat ein 22-jähriger Mann am 12. Juli gegen 21.15 Uhr das Anwesen in der Straße „Zur Kohlstatt“ aufgesucht und einen 74-jährigen ehemaligen Chefdesigner von Rolls-Royce mit einem Messer angegriffen und getötet? Das fragen sich weiterhin die Ermittler. Es gebe bisher keine Hinweise, dass sich Täter und Opfer kannten, sagt der ermittelnde Staatsanwalt Matthias Enzler. Auch aus der früheren beruflichen Tätigkeit des Rentners sei ein Zusammenhang mit dem Verbrechen nicht erkennbar. Oder war der Herrschinger vielleicht doch ein Zufallsopfer? Einen Auftragsmord oder eine Verwechslung halten die Ermittler zumindest für eher unwahrscheinlich.
Der mutmaßliche Mörder war bereits sechs Tage nach der Bluttat bei Paris verhaftet worden. Der 22-jährige Serbe wurde bald darauf ausgeliefert. Er befindet sich seitdem in München in Untersuchungshaft – und schweigt. Die Ermittler der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck, die auch mit der Polizeizentrale in Belgrad zusammenarbeiten, versuchen sich ein Bild von dem Mann zu machen, dessen DNA laut Kripo mit den gesicherten Spuren im Tatortsbereich übereinstimmen. Nach bisherigen Erkenntnissen hatte sich der Serbe vor dem Mord einige Wochen im Münchner Raum in einer lockeren Gemeinschaft von Landsleuten aufgehalten. Er war in Deutschland weder gemeldet noch polizeilich bekannt gewesen.
Aus dem Umfeld des jungen Mannes soll auch der wohl entscheidende Hinweis eines Zeugen stammen, der den 22-Jährigen auf den Bildern einer Überwachungskamera eines Herrschinger Supermarktes erkannt hatte. Der Verdächtige war am Tattag mit der S-Bahn nach Herrsching gekommen und hatte dort am Nachmittag in dem Geschäft gelb-grüne Handschuhe gekauft. Diese trug er dreieinhalb Stunden später am Tatort. Auf Fotos einer Kamera vor dem Hauseingang waren sie erkennbar. Der Mann hatte auch einen roten Rucksack dabei, der am nächsten Tag mit Steinen beschwert am Ufer der Seepromenade in Herrsching entdeckt wurde.
Dieser Fund führte die Fahnder zum bis dahin noch unbekannten Kunden im Supermarkt. Nach der tödlichen Messerattacke war der Täter mit der S-Bahn nach München und von dort aus weiter im Zug nach Frankreich geflüchtet, wo ihn Zielfahnder in einem Appartement in der Nähe von Paris aufspürten. „Dennoch müssen wir noch vieles in jeder Richtung abklären“, sagt Kripochef Manfred Frei. Es gehe vor allem darum, das Motiv dieser äußerst ungewöhnlichen Tat zu ergründen. Hierbei seien auch Profiler eingebunden, die einen speziellen Blick auf Tatgeschehen und „abnormes Verhalten“ von Menschen hätten.
So muss in dem Fall auch noch ein psychiatrisches Gutachten des tatverdächtigen Mannes erstellt werden, sagt der Münchner Staatsanwalt Enzler. Das sei aber bei Kapitalverbrechen üblich. Er rechnet damit, im Februar oder März nächsten Jahres gegen den 22-jährigen Mann die Anklage wegen Mordes erheben zu können.