Herrsching:Ausgewogen

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Große Musik: die Kantorei und das Orchester Symphonia Redemptoris beim Konzert in Herrsching. (Foto: Arlet Ulfers)

Kantorei Herrsching mit Mozart-Requiem

Von Reinhard Palmer, Herrsching

Die 60 Jahre alte Herrschinger Erlöserkirche bietet nicht gerade Platz im Überfluss. Für die Evangelische Kantorei Herrsching kein Grund, sich große Musikliteratur zu versagen. Birgit Henke am Pult verstand es auch, den reduzierten Klangkörper des Orchesters Symphonia Redemptoris für das Mozart-Requiem stimmig zusammenzustellen. Die schillernden Streicher bekamen schlanke Barockpauken, Naturtrompeten und Posaunen des 17. Jahrhunderts (Nachbauten) gegenübergestellt. Für Bassetthörner und Fagotte lud Henke sehr einfühlsam musizierende Mitglieder des Gärtnerplatzorchesters und des Münchener Kammerorchesters ein. So entstand ein Klangkörper, der sowohl kammermusikalisch als auch orchestral der Aufgabe mehr als gewachsen war und schon zum Einstieg mit Wandlungsfähigkeit überzeugte.

Mendelssohns "Wachet auf! Ruft uns die Stimme" aus "Paulus" mit dem ansehnlichen Chorapparat stellte sogleich hymnisch strahlend Feierlichkeit her. In Vivaldis d-Moll-Fagottkonzert mit dem durch Leichtigkeit fesselnden Gärtnerplatz-Solofagottisten Cornelius Rinderle kündigte sich schon instrumental die packende Straffheit und rhythmische Prägnanz an, die später bei Mozart einen Gang zulegen sollte. Auffallend im Larghetto auch: der melancholische Melodiefluss, der rhythmisiert ins Mäandern überging.

Was Heinke in Mozarts Requiem vor allem bewies, war ihr Sinn für die heikle Ausdrucksbalance, ist doch in diesem Werk der Grat zwischen Pathos, Manieriertheit und Dramatik an den besonders exponierten Stellen sehr schmal. Dass der Chor nicht nur die packenden großen Passagen straff und präzis singen, sondern auch in den zurückgenommenen Passagen das Tempo und die Spannung halten kann, sicherte reiche gestalterische Möglichkeiten, an denen Heinke nicht sparte. Schon im Introitus waren die Weichen auf packende Dramatik gestellt. Sogleich folgte aber im Kyrie eine wunderbar luftige Leichtigkeit. Hinzu kam ein in sich harmonierendes Solistenensemble mit schlanker Stimmführung - Martina Cabell (Sopran), Elisabeth Schmidt (Alt), Friedrich Spieser (Tenor) und Florian Drexel (Bass) -, das feinsinnig zwischen verträumter Lyrik, erzählerischer Diktion und ausdrucksstarker Dramatik zu changieren vermochten.

So überzeugte etwa das Recordare mit behutsam ineinander gewobenen Stimmen und das Benediktus mit galant fließender Poesie. Da blieb dann auch viel Raum nach oben offen, den Henke geschickt füllte, um auf dem Weg über das ankündigende Agnus dei im Requiem aeternam ein kraftvolles Finale zu inszenieren. Und dabei stelle die Evangelische Kantorei Herrsching einmal mehr ihr Durchhaltevermögen in Tempo und Kraft unter Beweis. Frenetischer Beifall in der überfüllten Kirche.

© SZ vom 26.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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