SZ-Kolumne: Ham Ham Hemminger, Folge 6Phil Collins und eine kreative Vorspeise

Lesezeit: 2 Min.

Kulinarische Abenteuer in Reims: Vorspeisenteller mit Eiern, Senfsoße und kleinen Garnelen.
Kulinarische Abenteuer in Reims: Vorspeisenteller mit Eiern, Senfsoße und kleinen Garnelen. (Foto: Patrick Hemminger/oh)

In einer Kultkneipe in Reims steht ein Spitzenkoch. Doch die Atmosphäre mit einer Leinwand und acht Fernsehern strapaziert die Nerven.

Von Patrick Hemminger, Bernried

Kulinarisch, so denken wir uns in Reims, fangen wir mal ganz oben an. In der Champagner-Kultkneipe “The Glue Pot”. Hier gehen die Einheimischen hin, wenn sie gutes hausgemachtes Essen wollen, in der Küche steht ein Spitzenkoch und es werden 100 Champagner ausgeschenkt. Unser Laden, also Tisch reservieren und nichts wie hin.

Das Lokal in der Fußgängerzone gleicht einem langen roten Schlauch. Ein Kellner führt uns durch einen schmalen Raum an Sitznischen mit rotem Leder vorbei in den hinteren Teil. Es ist schummrig und gemütlich. Wären da nicht eine Leinwand und acht Fernseher in Sichtweite unseres Tisches, auf denen gerade die Aufzeichnung eines Konzerts von Phil Collins beginnt. In Originallautstärke. Aber wir sind wild entschlossen, das alles großartig zu finden und bei Champagner und Orangina entspannen wir uns. Für etwa zehn Minuten.

Die Auswahl des Essens gestaltet sich für die Kinder als schwierig. Außerdem wird ihnen gerade klar, dass wir auf Reisen sind. In ihnen kämpfen viele Gefühle miteinander – Freude, dass sie nicht in die Schule müssen und Sorge darüber, dass sie deswegen ihre Freundinnen nicht sehen. Carlotta drückt ihr Kuschelnilpferd fest an sich, Josefine ist blass. Jakob schaut mit offenem Mund Phil Collins zu und wird sauer, wenn man ihn aufs Essen anspricht.

Obwohl ich ihn auf Französisch anspreche, antwortet der Kellner konsequent auf Englisch. Die Gerichte sind wirklich gut: Am besten gefällt allen die Vorspeisenplatte mit verschiedenen Spezialitäten vom Metzger. Auch die Eier mit Senfsoße und kleinen Garnelen sind köstlich. Carlotta hat sich einen Hot Dog bestellt, weil Würstchen im Brot lecker klingt, und ist entsetzt über all das „Gedöns“, das sich der Koch dazu überlegt hat – gebratener Speck, geschmolzener Käse, Zwiebeln und allerlei Gemüse. „Ich brauch’ mal frische Luft,” sagt sie und rennt einfach aus dem Restaurant. Jakob lässt sein Hacksteak liegen. Es ist innen drin noch ganz rosa, so wie es die Franzosen eben gerne essen.

Auf dem Rückweg entdeckt die Familie Hemminger einen schönen Brunnen mit funkelndem Wasserspiel.
Auf dem Rückweg entdeckt die Familie Hemminger einen schönen Brunnen mit funkelndem Wasserspiel. (Foto: Patrick Hemminger/oh)

Josefine starrt mit glasigen Augen auf Phil Collins und will gar nichts mehr essen. Ist dieses Konzert eigentlich irgendwann zu Ende? Zu Hause hatten wir nicht mal einen Fernseher, hier flimmert es von unzähligen Schirmen, kein Wunder, dass es den Kindern zu viel wird. Jakob hopst nur noch auf und ab, Carlotta bleibt einfach draußen vor dem Lokal stehen. Unseren kulinarischen Auftakt hatten wir uns irgendwie entspannter vorgestellt.

Als wir „The Glue Pot“ endlich verlassen, sind wir fertig mit den Nerven. Wir machen uns auf den Rückweg. Und dann wird der Abend doch noch wunderschön. Denn im Park entdecken Jakob und ich ein funkelndes Wasserspiel. 30 kleine Fontänen sprudeln aus einer Betonfläche und werden dabei in wechselnden, verschiedenen Farben angeleuchtet. Juchzend vor Freude rennen unsere Drei um das farbenfrohe Leuchten. „Daran werden sie sich erinnern“, sagt Anna. „Und vielleicht ein bisschen an Phil Collins“, füge ich grinsend hinzu.

Kantinenessen, Hortpampe, Alltagsbrei – Familie Hemminger aus Bernried hat es satt und bricht auf. Das Ziel: Das beste Essen in Europa finden. Was sie dabei erlebt, erzählt die Familie an dieser Stelle in der wöchentlichen Kolumne „Ham Ham Hemminger“. Mehr Informationen gibt es im Blog www.travelandtaste.world und im Podcast „Bock auf Regional – Reise durch Europa“. Alle weiteren Folgen der Kolumne gibt es hier.

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