Süddeutsche Zeitung

Helles Köpfchen:Starnberger Physiklehrer bringt Schuhe zum Leuchten

Lesezeit: 2 min

Wolfgang Zeitter, 61, darf als einer der engagiertesten Lehrer Deutschlands an diesem Wochenende seine Experimente mit Fluoreszenz in Berlin vorstellen.

Von Hannah Maassen, Starnberg

Normal ist das nicht: Leuchtende Socken und blaue Bananen. Eigentlich sind Physik- und Biologieunterricht für Schüler eine eher trockene Angelegenheit: Kleines Budget, ein voller Lehrplan und somit wenig Geld und Zeit für die wirklich interessanten Experimente. Im Unterricht von Wolfgang Zeitter sieht das ein bisschen anders aus: Der Lehrer für Biologie, Physik und Natur und Technik (NuT) am Starnberger Gymnasium ist mit seinem Projekt "Fluoreszenz im Alltag - die perfekte Anregung" zusammen mit den 100 engagiertesten deutschen Mathematik-, Informatik-, Naturwissenschafts- und Techniklehrern zum nationalen "MINT-Fesival Sciene on Stage" nach Berlin eingeladen worden, um ihre Lehrmethoden vorzustellen.

Der 61-Jährige hat für die Schüler eine UV-Lampe nachgebaut, die manche Dinge zum fluoreszieren bringt. Auf die Idee ist er gekommen, weil er zum Thema Fluoreszenz in den alten Physikbücher nur wenige praktische Anwendungen gefunden hat. Statt sich damit abzufinden, hat er experimentiert und herumprobiert und so für seine Schüler eine Ein-Euro-Version von bereits existierenden UV-Lampen gebaut. Bei der dreitägigen Tagung stellt er nun sein Projekte vor. Am Ende bekommen die elf Lehrer mit den interessantesten Projekten einen Platz in der Delegation zum europäischen Pendant der Veranstaltung in Cascais, Portugal.

Zeitter tüftelt gerne, hat eine Zulassung in experimenteller Biophysik, ist seit 33 Jahren Lehrer, davon 29 am Starnberger Gymnasium und seit nunmehr 26 Jahren für das Projekt "Jugend forscht" zuständig. Vor zwei Jahren hat er schon einmal an dem Wettbewerb teilgenommen, mit einer billigeren Version eines Messgerätes. Sieht er etwas, was für seinen Unterricht interessant, aber zu teuer ist, versucht er einfach es billiger nachzubauen.

Er will seinen Schülern den Stoff, von dem er so begeistert spricht, nicht nur auf der Tafel, sondern auch in der Praxis veranschaulichen: "Da hab' ich mir gedacht, na, da muss man doch irgendwas bauen können, womit die Schüler auch was machen können", die Lampen auf dem Markt seien zu teuer für das Schulbudget und teilweise gefährlich. Manche strahlten sogar so hochenergetisches, kurzwelliges Licht aus, das im schlimmsten Fall die DNA verändern könne. Also hat er sich ein paar Jahre lang, an Regentagen und wenn er Lust hatte, hingesetzt, Modelle aus dem Internet bestellt und versucht diese billiger, aber genauso effizient nachzubauen.

Mit dem Licht, das man normalerweise nur aus dem sonntäglichen "Tatort" kennt, können die Schüler nun im Unterricht selbst mit fluoreszierenden Gegenständen und Farben experimentieren. Die Älteren dürften sie selbst nachbauen und schon Sechsklässler kommen im NuT-Unterricht mit den Thema Fluoreszenz in Berührung: Der Mäusebussard, Thema in Zeitters Stunden, fängt seine Beute indem er ihre Urinspur verfolgt und das aus der Luft heraus. Denn Mäuse-Urin reflektiert UV-Strahlung, der Raubvogel kann dieses Licht wahrnehmen und so seinen Beuteraum eingrenzen. Dass Vögel - für uns - unsichtbares Licht sehen können, ist in diesem Alter noch sehr abstrakt, und um dies begreifbarer zu machen kommen Zeitters Lampe zum Einsatz: Die Schüler können selbst experimentieren und so sehen, dass zum Beispiel eigentlich weiße Turnschuhe unter UV-Licht einen roten Ton annehmen, Socken anfangen zu leuchten und Bananen blau wirken und die überreifen, braunen stellen ein weißes Halo umgibt.

Nicht nur die Buben haben Spaß daran, erzählt er: "Gerade die Mädchen machen die technischen Experimente lieber als die Jungs," und das obwohl die MINT Studiengänge und Ausbildungen seit Jahren um Frauen buhlen.

Bei dem Festival freut er sich besonders auf die gemeinsamen Workshops, darauf sich Inspirationen für den Unterricht zu holen und den Austausch mit den Kollegen aus anderen Bundesländern.

Ob er schon Ideen für neue, selbstgebaute billig Versionen für seinen Unterricht hätte? Noch nichts konkretes, aber "wissen Sie, Ebay hat unglaublich viele tolle und günstige Materialen, die einen inspirieren."

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Quelle:
SZ vom 17.11.2018
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