Hechendorf:Bahnhof unter dem Hammer

Hechendorf Bahnhof, Gasthof Eatery

Nach einer aufwendigen Sanierung ist der Bahnhof 2018 wiedereröffnet worden.

(Foto: Georgine Treybal)

Das Gebäude im Seefelder Ortsteil Hechendorf hat sich seit seinem Verkauf in ein Schmuckstück verwandelt. Nun soll eine Hälfte der Immobilie zwangsversteigert werden. Es geht angeblich um eine Forderung im sechsstelligen Bereich.

Von Astrid Becker und Christian Deussing

Viele Jahre hatte er einen Dornröschenschlaf gehalten, der Bahnhof im Seefelder Ortsteil Hechendorf - bis ihn 2015 die heute 94-jährige Journalistin Isabel Mühlfenzl gekauft und zusammen mit ihrer Tochter Caroline und ihrer Enkelin Laura in ein Schmuckstück verwandelt hat. Viel Geld ist dafür geflossen, die Rede ist von etwa zwei Millionen Euro. Herausgekommen sind Wohnungen, Büros, eine Praxis, ein Gewürzladen und sogar ein kleines Lokal, das "Feinkochwerk Eatery".

Was mit viel Herzblut und Elan begonnen hat, erhält in diesen Tagen jedoch einen schweren Dämpfer: Denn die Hälfte des um 1900 errichteten Gebäudes soll nun unter den Hammer kommen - inklusive vier unbebauter Flurstücke auf dem insgesamt 651 Quadratmeter großen Areal. Die Zwangsversteigerung ist für Dienstag, 9. November, in der Stadthalle Penzberg angesetzt. Das dafür zuständige Amtsgericht Weilheim hat den Verkehrswert der Bahnhofshälfte auf 705 000 Euro taxiert, als Mindestgebot werden in den einschlägigen Immobilienportalen 352 500 Euro genannt.

Das Verfahren richtet sich einzig und allein gegen die Tochter von Isabel Mühlfenzl als Miteigentümerin. Dem Vernehmen nach soll ein privater Gläubiger aus Luxemburg den Antrag auf Zwangsvollstreckung gestellt haben, wo die 55-Jährige als Marketingberaterin tätig sein soll. Nach SZ -Informationen steht eine Forderung in Höhe von einigen hunderttausend Euro im Raum. Angeblich geht es um einen langjährigen Rechtsstreit, mit dem die Anwälte der Mühlfenzls befasst sein sollen. Für eine Stellungnahme dazu waren die Eigentümerinnen aber nicht zu erreichen.

Die mögliche Zwangsvollstreckung hat nun auch den Seefelder Bürgermeister Klaus Kögel aufgeschreckt. Seine Gemeinde hatte das Gebäude vor sechs Jahren an die Frauen verkauft. Kögel hofft nun, dass die Versteigerung noch im letzten Moment abgewendet werden könne. Auf Anfrage der SZ sagte er, die Tochter habe der Gemeinde bislang signalisiert, rechtzeitig eine Sicherheitsleistung zu hinterlegen, damit der Versteigerungstermin noch abgesagt werden könne. Sollte es dennoch dazu kommen, werde die Gemeinde aber aus finanziellen Gründen in der Penzberger Stadthalle nicht mitbieten. "Wir sind jedoch weiterhin daran interessiert, dass alles so bleibt wie bisher", betont der Bürgermeister.

Hechendorf Cafe Eatery

Der neueröffnete Bahnhof beherbergt heute unter anderem das "Feinkochwerk Eatery".

(Foto: Nila Thiel)

Wenn das Bahnhof-Ensemble allerdings zur Hälfte versteigert werden würde, dürfte der neue Eigentümer auch entsprechende Rechte erlangen - zum Beispiel bei den Verträgen mit einer Praxisbetreiberin, dem Pächter-Ehepaar des Lokals "Feinkochwerk Eatery" und den sonstigen Mietern in dem Gebäude an der Bahnhofstraße mitzusprechen. Dann wird sich auch die 94 Jahre alte promovierte Volkswirtschaftlerin und Miteigentümerin Isabel Mühlfenzl mit ihm arrangieren müssen. Das betroffene Wirtsehepaar befindet sich derzeit im Betriebsurlaub und war nicht erreichbar. Es soll jedenfalls das Lokal mit "Tagescafé und Eventbetrieb" zu einem attraktiven Treffpunkt im Ort mit Feierlichkeiten und Veranstaltungen gemacht haben. Das Lokal laufe gut, ist von vielen Hechendorfern und Seefeldern zu erfahren.

Isabel Mühlfenzl hatte im Herbst 2015 beschlossen, das Gebäude zu erwerben, um selbst zu bestimmen, "was daraus entsteht", wie sie 2018 bei der Eröffnung sagte, die ursprünglich zwei Jahre zuvor erfolgen hätte sollen. Doch die Sanierung des alten Bahnhofs zog sich in die Länge.

Der damalige Bürgermeister Wolfram Gum sprach bei den Feierlichkeiten vor drei Jahren von "geheimen Stromleitungsverläufen, gut verstecktem Bauschutt aus Vorkriegsjahren, unvermuteten Altrechten der Bahn und vielfältigen Regelungsproblemen mit Planern und Handwerkern." Zwischenzeitlich soll der Bauherrin auch mal das Geld ausgegangen sein. Ärger und Probleme schienen 2018 dann vergessen zu sein. Das hat sich nun wohl wieder geändert.

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