Süddeutsche Zeitung

Hassparolen und Gewalt:Wider die sprachliche Verrohung

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Schüler des Gilchinger Christoph-Probst-Gymnasiums diskutieren mit Experten über die Bedrohung von Rechts. "Wir müssen Signale setzen und Position beziehen", fordert Direktor Peter Meyer

Von Christian Deussing, Gilching

Was läuft schief? Gibt es eine neue Bedrohung von Rechts, und wie ist auf deren Parolen und Gewalt zu reagieren? Unter dem Motto "Wir müssen es wagen!" diskutierten Experten am Donnerstag mit 160 Oberstufenschülern des Gilchinger Christoph-Probst-Gymnasiums. Es trägt den Namen des Widerstandkämpfers, der am 22. Februar vor 75 Jahren von den Nazis ermordet worden war. Die Schüler befassten sich nun mit dem zunehmenden Antisemitismus, Rassismus, der Hetze und dem Hass in der Gesellschaft sowie mit der Rolle der AfD.

In dieser Partei würden Politiker wie Björn Höcke und André Poggenburg mit "völkisch- faschistischen Tendenzen" mittlerweile den Ton angeben, warnte auf dem Podium Matthias Lorenz von der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern. Einen "parteiübergreifenden Widerstand" gegen die Rechte forderte Aaron Buck, Sprecher der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Denn aus der "einzigartig schrecklichen Geschichte" der NS-Zeit erwachse eine Verantwortung für die Gegenwart. Als beängstigend empfindet Erkan Inan den Hass in sozialen Netzwerken - und die sprachliche Verrohung, die "immer salonfähiger" werde. Inan engagiert sich im Münchner Forum für Islam in der Initiative "Kritisch Denken" und ist Mitglied des Migrationsbeirats der Landeshauptstadt. Armin Käfer, Journalist der Stuttgarter Zeitung und Schülervater, moderierte die Auftaktveranstaltung in der Aula zum Vermächtnis von Christoph Probst und erinnerte an dessen Zivilcourage gegen das Nazi-Regime.

Die Schüler fragten, ob sich durch soziale Medien der "Rassismus verschlimmert" habe, "Neonazi therapierbar" seien, und ob man AFD-Mitglieder aus Vereinen und Institutionen ausschließen sollte. Das befürwortete Experte Lorenz, weil die AfD mit ihrer Ideologie und den "widerlichen Einstellungen" Menschen abwerte, und seit der Zuwanderung von Flüchtlingen Ängste perfide schüre und ausnutze - so wie die Pegida-Bewegung .

"Sehr erkenntnisreich" fanden die Schüler Johanna, Laila und Niklas die Erklärungen. "Wir müssen wachsam bleiben", sagten die Gymnasiasten, die im Vorjahr auch gegen den Auftritt des AfD-Politikers Poggenburg aus Sachsen-Anhalt in Gilching demonstriert haben. Sie verteilten damals weiße Rosen, das Symbol der Widerstandsgruppe von Christoph Probst. Der Protest richtete sich vor einer AfD-Versammlung gegen rechtsnationale Parolen und Fremdenhass. Nach den jüngsten Entgleisungen Poggenburgs fühlen sich diese Schüler bestätigt, rechtsextremes Gedankengut weiter zu bekämpfen und genau hinzuhören.

Hierzu gehören auch Veranstaltungen wie an dem Gymnasium. Man müsse "Signale setzen und Position beziehen", sagte Direktor Peter Meyer. Geschichtslehrerin Andrea Winter befand, dass die Experten "viele neue Denkanstöße lieferten".

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Quelle:
SZ vom 23.02.2018
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