Süddeutsche Zeitung

Veranstaltungen im Advent:Hans Christian Andersen als Museumsführer

Per Audioguide können sich im Museum Starnberger See Kinder entlang des Märchens "Der Tannenbaum" durch die Ausstellung führen lassen.

Von Sylvia Böhm-Haimerl

Am Glasdurchgang im Museum Starnberger See steht ein kleiner Tannenbaum. "Sieh dir das kleine Bäumchen an", heißt es im Audiorundgang, den die Kunsthistorikerin Claudia Wagner für Kinder entwickelt hat, als die Einrichtung während der Pandemie geschlossen hatte. Frei nach dem Märchen "Der Tannenbaum" von Hans Christian Andersen werden Kinder damit von Station zu Station durch die historischen Ausstellungsräume des Museums geführt. Und weil das Tannenbäumchen im Märchen ein wunderschön geschmückter Christbaum wird, bietet Claudia Wagner in der Adventszeit persönliche Lesungen im Museum an. Insgesamt 22 Schulklassen haben sich schon angemeldet. Zu den Führungen, die eine knappe Stunde dauern, sind aber alle interessierten Kinder zusammen mit ihren Eltern oder Großeltern eingeladen.

Die Geschichte beginnt am königlichen Schiff "Delphin". Hans Christian Andersen ist tatsächlich in dem Boot über den Starnberger See gefahren. Er ist 1852 vom damaligen bayerischen König Max II. Joseph eingeladen worden, weil dieser die nordischen Sagen und Märchen liebte. Als der Märchendichter aus Dänemark zusammen mit dem König auf den roten Samtpolstern im überdachten Kabinett des königlichen Bootes saß, hatte er zwar Märchen erzählt, aber nicht die Geschichte vom Tannenbaum. Dieses Märchen ist aber im Museum zu hören, während der Führungen der Starnbergerin Claudia Wagner oder über den Audioguide (gibt es auch als Download, die Leihgeräte im Museum sind kostenlos). Das Hörspiel wird von dem Schauspieler Stefan Wilkening gelesen.

Am Delphin ist das Plätschern des Sees zu hören

Auf den einzelnen Stationen werden Geräusche und Musik zugespielt. Am Delphin ist das Plätschern des Sees zu hören, wenn die Ruder der sechs Matrosen, die das Schiff steuern, ins Wasser tauchen. Im Glasdurchgang sind Waldgeräusche wie das Rauschen des Windes oder das Zwitschern der Vögel zu vernehmen. Denn dort träumt das Tannenbäumchen zunächst davon, endlich groß zu sein. Später stellt es sich vor, wie es als strahlender, mit vielen Kerzen geschmückter Weihnachtsbaum von Kindern bestaunt wird.

In der nächsten Station sind Geräusche vom Holzfällen zu hören, weil das Tannenbäumchen tatsächlich gefällt wird, um ein Weihnachtsbaum zu werden. Als festlich geschmückter Christbaum steht das Bäumchen in der oberen Stube im historischen Lochmannhaus. Wenn Wagner mit einer Schulklasse zu dieser Station kommt, würden die Kinder oft spontan das Weihnachtslied "Oh Tannenbaum" anstimmen, sagt die Stadtführerin. Weiter geht es zur Kapelle. Dort findet eine fiktive Christmette statt mit Musik und Glockenläuten.

Weil das Märchen kein Happy End hat, hat es Wagner kurzerhand umgeschrieben

Nach den Weihnachtsfeiertagen wird der Tannenbaum im Märchen abgeschmückt. Bald vertrocknet er unbeachtet in einer Ecke. Bei Hans Christian Andersen gibt es kein Happy End. Deshalb hat Wagner die Geschichte für den Rundgang umgeschrieben. Bei ihr kommt das Christkind in Form eines Lichtes zum Tannenbäumchen und will wissen, ob es glücklich ist. "Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir nun wünschen?", fragt das Christkind. Und das Tannenbäumchen antwortet, dass es gerne wieder zurückkehren würde in den Wald. Auf dem Rückweg im Museum steht das kleine Bäumchen noch immer draußen vor dem Glasdurchgang und hört auf das Rauschen des Windes und die Wellen vom See.

Wagner hat festgestellt, dass die Kinder, die bis jetzt zu ihren Lesungen gekommen sind, viel von den geschichtlichen Hintergründen zu den Ausstellungsobjekten, die im Museum gezeigt werden, im Gedächtnis behalten. Die Kinder hätten einen ganz anderen, direkten Bezug, wenn sie beispielsweise vor dem königlichen Schiff "Delphin" stehen oder in der gotischen Stube, erklärt Wagner.

Der Audioguide wird kostenlos verliehen zu den Öffnungszeiten des Museums in Starnberg, Possenhofener Straße 5, Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr. Die Führungen mit Claudia Wagner finden am Freitag, 2. Dezember, am Samstag, 10. Dezember sowie am Sonntag, 18. Dezember (Beginn jeweils 15 Uhr) statt. Infos unter Telefon 08151/44 77 57 0 oder im Internet unter www.museum-starnberger-see.de

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