SZ-Kolumne: Ham Ham Hemminger, Folge 30:Fasten ohne Verzicht

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Stavriani Zervakakou hat auf der Mani, dem „Mittelfinger“ der griechischen Halbinsel Peloponnes, ein Restaurant eröffnet.
Stavriani Zervakakou hat auf der Mani, dem „Mittelfinger“ der griechischen Halbinsel Peloponnes, ein Restaurant eröffnet. (Foto: privat)

In Griechenland ist Fleisch in der Fastenzeit tabu. Doch gutes Essen gibt es trotzdem – weil es die Menschen verbindet, wie Familie Hemminger erlebt.

Von Anna Hemminger und Patrick Hemminger

Der Rosenmontag ist in Griechenland heilig. Kathara Deftera heißt er hier, übersetzt: reiner Montag. Denn an diesem Tag beginnt die Fastenzeit vor Ostern. Väter lassen mit ihren Kindern am Strand Drachen steigen, sie sollen die bösen Geister des vergangenen Jahres vertreiben. Man trifft sich mit Familie oder Freunden zum Picknicken oder geht essen. Fleisch ist tabu, Meeresfrüchte dagegen sind erlaubt und auch sonst allerlei Gutes. Wir sind mit der Köchin Stavriani Zervakakou auf der Mani verabredet, das ist der mittlere Finger der Peloponnes. Ein echter Geheimtipp, das Restaurant „Aspasia“ gibt es noch nicht lange. Die Köchin wurde mit vielen Preisen überhäuft, bevor sie sich in ihren Geburtsort Stavri zurückzog und ihren eigenen Laden eröffnete.

Die Landschaft ist rau. Hohe Berge, felsige Küsten, Dörfer mit halb verfallenen Wohntürmen. Wie kleine Burgen sehen sie aus. Hier lebten lange Zeit die Familien und Clans. Die Mani war bis vor 170 Jahren eine Region, die sich niemandem unterwarf. Es gab keine Schulen, keine Gesetze. Die tiefgläubigen Menschen regelten ihre Angelegenheiten selbst. Meist brutal. Die Clans waren oft miteinander verfeindet. Frauen bekamen Kinder und versorgten die Familien. Männer zeugten den Nachwuchs und brachten sich am helllichten Tag auf der Straße gegenseitig um.

„Ich erinnere mich noch gut an meine Urgroßeltern,“ erzählt Stavriani in ihrem hellen und freundlichen Restaurant. Es gibt nur drei Tische, die Küche ist offen, wir können jeden Handgriff der Köchin sehen. Sie hat wilde, schwarze Locken und ein offenes Lachen. „Die Frauen in der Familie haben alles selbst angebaut. Ich habe sie niemals mit einem Glas Wein in Ruhe am Tisch sitzen sehen.“

Stavriani bringt Sauerteigbrot mit Oliven und Lupinen. „Während und nach dem Zweiten Weltkrieg litten die Menschen hier Hunger, und die Lupinen haben sie gerettet.“ Denn die Bohnen sind sehr nahrhaft und wachsen auch auf dem kargen Boden der Mani.

Die Köchin folgte ihrem Herzen

Danach gibt es frisch marinierte rote Shrimps mit goldenem Zackenbarsch, gegrilltes und geräuchertes Wildgemüse mit Fischrogen, eine Fischsuppe, Ofenkartoffeln mit geräucherter Forelle, hausgemachte Makkaroni mit Oktopus, dazu einen salzigen, mineralischen Weißwein aus der Gegend. Auf jedem Teller sind die Aromen perfekt aufeinander abgestimmt. Nach dem Essen setzt sich die Köchin zu uns und erzählt aus ihrem Leben. Sie hat internationale Beziehungen studiert und lange in Istanbul gelebt, bevor sie endlich ihrem Herzen folgte und Köchin wurde. Essen ist für Stavriani das, was die Menschen zusammenbringt. Mit ihren Gästen unternimmt sie Wanderungen über die Mani, führt sie zu Plätzen, die ihr wichtig sind.„ Es geht darum, ins Gespräch zu kommen. Die Päckchen zu teilen, die jeder im Leben zu tragen hat“, sagt sie. Und natürlich gibt es dazu ein paar sehr gute Dinge zu essen.

Kantinenessen, Hortpampe, Alltagsbrei – Familie Hemminger aus Bernried hat es satt und bricht auf. Das Ziel: Das beste Essen in Europa finden. Was sie dabei erlebt, erzählt die Familie an dieser Stelle in der wöchentlichen Kolumne „Ham Ham Hemminger“. Mehr Informationen gibt es im Blog www.travelandtaste.world und im Podcast „Bock auf Regional – Reise durch Europa“. Alle weiteren Folgen der Kolumne gibt es hier.

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