SZ-Kolumne: Ham Ham Hemminger, Folge 29Kalter Kaffee bei grimmigen Mönchen

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Das Kloster Prodrómou liegt abgeschieden im Lousíos-Tal, die Mönchszellen sind in die Felswand gehauen.
Das Kloster Prodrómou liegt abgeschieden im Lousíos-Tal, die Mönchszellen sind in die Felswand gehauen. (Foto: Patrick Hemminger/oh)

Eigentlich scheut Familie Hemminger touristische Attraktionen, doch das Kloster Prodrómou auf der Peloponnes klingt zu verlockend.

Von Anna Hemminger

Hoch über uns an den Felsen kleben Mönchszellen, Gebäude schmiegen sich an die Steine. So etwas haben wir noch nie gesehen. Das Kloster Prodrómou liegt abgeschieden im Lousíos-Tal, gerade einmal drei Mönche sollen hier noch leben. Das schreibt zumindest der Reiseführer, den wir in unserer Herberge gefunden haben. Normalerweise nutzen wir sowas nicht, weil wir ja gerade dorthin wollen, wo keiner ist. Wir fragen die Einheimischen oder schauen in Restaurantführer. Diesmal machen wir eine Ausnahme, zu gut klingt die Beschreibung: schönstes Kloster der Peloponnes, zuvorkommende Mönche, die ihre Besucher mit Kaffee bewirten.

Die Wirklichkeit sieht ein klein wenig anders aus. Der Parkplatz ist voller Autos. Ein Pfad führt steil abwärts durch den Wald, immer wieder kommen uns keuchende griechische Ausflügler entgegen. Wir müssen uns beeilen. Denn die Mönche machen Punkt 13 Uhr die Klostertüren zu. Dann ist Siesta am Berg bis 17 Uhr.

Wir schaffen es gerade rechtzeitig. Ein weiß gekalkter Gang führt ins Innere des Klosters. Fotografieren und Filmen ist streng verboten, steht überall. Ein Mönch, schwarzes Haar, schwarzer Bart und schwarze Kutte, nickt uns mit ernster Miene zu. Außer uns sind noch zahlreiche andere Besucher da. Alle flüstern, niemand zückt sein Handy. Die Kapelle ist in den Fels gehauen. Teppiche liegen auf dem Boden, ein paar Kerzen flackern, es ist düster und kühl. „Mir ist unheimlich“, flüstert Carlotta. Also lieber raus in einen kleinen Aufenthaltsraum. Auf einem Tablett stehen Pappbecher mit Kaffee - endlich. Doch er ist kalt. Die Mönche schweigen und beobachten uns. Ins Gespräch kommen wir nicht.

Von den Balkonen aus schauen wir weit über das Tal. Auf dem gegenüberliegenden Berg liegt das Kloster Filosófou. Laut Reiseführer sollen die Mönche dort noch freundlicher sein und sogar Süßigkeiten verteilen. Kurzer Familienrat: Nein! Wir wollen wieder weltliche Genüsse und haben richtig Hunger.

Wir fahren nach Stémnitsa. Das Bergdorf ist berühmt für seine Gold- und Silberschmiedekunst. An diesem Februartag haben die meisten Geschäfte zu. Die Häuser aus Naturstein wirken verlassen. Nur auf dem Dorfplatz ist Leben. Es gibt einige Tavernen, der Reiseführer hat natürlich Tipps. Doch wir lassen ihn zu und steuern das Dorfkafeníon an, das Kaffeehaus von Stemnitsa. Gerousia heißt es. In der Mitte ein gusseiserner Ofen, darum stehen gemütliche Holztische. In der Küche arbeitet eine Mannschaft, die man so eher in Berlin vermuten würde: jung, bärtig, tätowiert. Sie servieren Dakos, einen Turm aus getrocknetem Brot, Tomaten und Kapern, darauf eine riesige Fetawolke. Dazu eine Platte mit allem - Tzaziki, Grillfleisch, Kartoffeln, frittierter Käse. Der Wein könnte auch in einer Hipster-Naturweinbar serviert werden, kostet hier drei Euro die Karaffe und kommt vom Weinberg nebenan. Wie gut, dass wir uns auf unseren Bauch immer verlassen können. Yamas!

Kantinenessen, Hortpampe, Alltagsbrei – Familie Hemminger aus Bernried hat es satt und bricht auf. Das Ziel: Das beste Essen in Europa finden. Was sie dabei erlebt, erzählt die Familie an dieser Stelle in der wöchentlichen Kolumne „Ham Ham Hemminger“. Mehr Informationen gibt es im Blog www.travelandtaste.world und im Podcast „Bock auf Regional – Reise durch Europa“. Alle weiteren Folgen der Kolumne gibt es hier.

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