Dios mio, oh mein Gott. Wo sind wir nur gelandet? Direkt hinter der Autobahn auf einem Parkplatz steht ein heruntergekommenes Haus, umgeben von rostigem Maschendrahtzaun, dahinter ein Hund, der uns wütend ankläfft. Das soll die wunderschöne Finca sein, die ich im Internet gebucht habe?
Die Kinder sind nervös. So haben sie sich Spanien nicht vorgestellt. Wir sind in Camarles, südlich von Barcelona im Ebro-Delta, einem Naturschutzgebiet mit einzigartiger Landschaft, heißt es. Was wir sehen, sind Ruinen an der Autobahn, verlassene Industriebauten und Feldern voller kahler Bäume. Und jetzt auch noch diese Unterkunft. Wir checken die Koordinaten, telefonieren mit der Verwalterin und trauen uns nicht aus dem Auto. Was, wenn der Hund uns anfällt? Doch dann erscheint Ana und zeigt uns die Einfahrt, sie führt weg von der Baracke durch ein Zypressenwäldchen zu einem kleinen Paradies. Ein alter, umgebauter Stall mitten im Mandarinenhain. Die Kinder jubeln und verschwinden zwischen den Bäumen. Ihr dürft so viel essen, wie ihr wollt, sagt Ana. Und das lassen wir uns nicht zweimal sagen. Wir pflücken die Mandarinen direkt vom Baum, der Saft läuft uns über die Finger, die Früchte schmecken süß und ein wenig nach Advent.
In den nächsten Tagen merken wir: Schönheit und Hässlichkeit liegen nah beieinander. Das Wetter ist schlecht, das Ebro-Delta rau. Große Lagunen wechseln sich mit überschwemmten Feldern ab. Hier wird seit dem 17. Jahrhundert Reis angebaut. Vor allem die Sorte Bomba, die für Paella verwendet wird. Die würden wir auch gerne probieren, doch die Restaurants am Strand haben geschlossen, die Bar ist zugenagelt und im Sand finden wir tote Fische. Wir sind außerhalb jeder Saison unterwegs, auf dem Handy eine Regenwarnung nach der anderen. Die Wellen türmen sich an der Uferstraße hoch auf. Und dann, völlig unverhofft, entdecken wir den Küstenort L'Ampolla.
Es gibt eine Promenade, ein paar Geschäfte und das einladende Restaurant Lo Típic mit Blick aufs Meer und den Hafen. Der Patron winkt uns hinein, er hat noch einen einzigen Tisch frei.
Zur Feier des Tages bestellen wir Cava und Limonade. Und dann lassen wir es krachen und nehmen das Menü: Bacalao, Stockfisch-Carpaccio mit Olivenöl, gedämpfte Meeresfrüchte, Patatas bravas für die Kinder und natürlich DAS Gericht der Gegend: die Paella. Der Kellner stellt die dampfende Pfanne in unsere Mitte. Darin mit Safran gefärbter gelber Reis, Gambas, große und kleine Muscheln und Paprika. Was geht es uns gut! Dios mio.
Kantinenessen, Hortpampe, Alltagsbrei – Familie Hemminger aus Bernried hat es satt und bricht auf. Das Ziel: Das beste Essen in Europa finden. Was sie dabei erlebt, erzählt die Familie an dieser Stelle in der wöchentlichen Kolumne „Ham Ham Hemminger“. Mehr Informationen gibt es im Blog www.travelandtaste.world und im Podcast „Bock auf Regional – Reise durch Europa“. Alle weiteren Folgen der Kolumne gibt es hier.