Großeinsatz in Weßling:Razzia bei Psycho-Seminar - Polizei findet Drogen

Ecstasy

Bei der Razzia finden die Beamten den Stoff MDMA, der auch in Ecstasy-Pillen verwendet wird.

(Foto: Boris Roessler/dpa)

Die 17 Teilnehmer wollten offenbar ihr Bewusstsein erweitern. Jetzt wird gegen den 81-jährigen Leiter ermittelt.

Von Christian Deussing

Die 17 Teilnehmer wollten sich in dem Psycholyse-Seminar in Weßling wohl entspannen und ihr Bewusstsein erweitern. Doch 50 Polizisten und zwei Staatsanwälte lösten die Sitzung im Keller des Hauses urplötzlich auf und nahmen den 81-jährigen Seminarleiter aus Berlin vorläufig fest. Es habe konkrete Hinweise auf Drogen und illegale Psychosubstanzen gegeben, bestätigte am Mittwoch auf SZ-Anfrage Hans-Peter Kammerer, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord die Durchsuchungsaktion.

Die Beamten hatten das Anwesen am Abend des 10. November mit einem Großaufgebot umstellt. Es seien 526 Kapseln unterschiedlicher Farben in Glasschalen und 30 Milliliter klare Flüssigkeit entdeckt worden - darunter das Rauschmittel Psilocybin und der Amphetamin-Mix "MDMA 3", teilte der Polizeisprecher mit. Es handele sich um bewusstseinserweiternde Substanzen, die "womöglich Leib und Leben der Teilnehmer gefährdet" hätten, erklärte Kammerer. Bei einer Person sei auch LSD gefunden worden. Die Kapseln und die Flüssigkeit werden nun im Labor des Landeskriminalamtes noch genauer untersucht.

Laut Polizei wird gegen den Seminarleiter wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt. Je nach Ergebnis der Laboruntersuchungen könnte der Vorwurf um Körperverletzung erweitert werden, sagte Kammerer. Er sprach von einem "erfolgreichen präventiven Schlag" gegen ein Psycholyse-Seminar, das die Teilnehmer gesundheitlich gefährdet hätte. Ein derartige Aktion wie jetzt in Weßling habe es bislang in Bayern noch nicht gegeben.

Der Präsidiumssprecher verwies auf ein Psycholyse-Seminar vor zwei Jahren in Niedersachsen, wo 29 Menschen mit Halluzinationen, Krämpfen und Atemnot ins Krankenhaus mussten, nach dem sie in einem Kurs laut Anklage verbotene psychoaktive Substanzen erhalten hatten. Der damals verantwortliche Psychotherapeut ist am Mittwoch in dem Prozess um den Massenrausch wegen Besitzes und Abgabe von Drogen vom Landgericht Stade zu einer 15-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden.

Bislang sei der Seminarleiter, der sich als Musiker ausgab und sich in Weßling um das Befinden der Teilnehmer kümmern wollte, polizeilich nicht bekannt gewesen, so Kammerer. Die befragten Personen hätten sich "kooperativ" gezeigt. Sie waren aus ganz Bayern und auch Baden-Württemberg und Österreich nach Weßling gereist. Sie werden noch als Zeugen vernommen, ebenso die Eigentümerin des Hauses, die den Raum für das Seminar zur Verfügung gestellt hatte.

Nach Angaben des Polizeisprechers müsse unter anderem noch geprüft werden, welche Rolle die Eigentümerin in der Sache gespielt hat, und ob schon öfter derartige Seminare auf ihrem Anwesen stattgefunden haben. Die Weßlingerin wollte sich auf Anfrage der SZ nicht dazu äußern.

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