Gilchinger Partnergemeinde:Geduldige Cecinesi

Gilchinger Partnergemeinde: Verbundene Kugelhälften: die Partnerschafts-Skulptur in Gilching.

Verbundene Kugelhälften: die Partnerschafts-Skulptur in Gilching.

(Foto: Fuchs)

Menschen in der Toskana finden sich mit Beschränkungen ab

Von Christine Setzwein

Seit Wochen dürfen Graziella Santarelli, ihre Familie, Freunde und alle anderen Cecinesi nicht aus dem Haus. Wenn sie einkaufen müssen, zur Apotheke oder zum Arzt, muss das innerhalb von 200 Metern passieren. Die Parks sind geschlossen, der nahe Strand am Tyrrhenischen Meer ist tabu. Aber die Menschen in Cecina, der italienischen Partnergemeinde von Gilching, sind geduldig, weiß Silvia Sgariglia. Die gebürtige Italienerin aus Livorno lebt in Gilching, ist zweite Vorsitzende des "Vereins zur Förderung der Partnerschaft Cecina-Gilching" - und Graziella Santarelli ist ihre Cousine. Aber die Italiener beschweren sich nicht. "Sie haben die schrecklichen Bilder aus Bergamo im Kopf", sagt Sgariagli. Es sind die Aufnahmen, auf denen unzählige Leichen von Covid-19-Opfern von Militärlastwagen abtransportiert werden mussten.

Cousine Graziella hat eine Bar in Cecina, dort, wo die Gilchinger Freunde vor fünf Jahren einen Maibaum aufgestellt haben, mit einer großen Feier natürlich. Seit 30 Jahren besteht die Freundschaft zwischen den Oberbayern und den Toskanern. In Gilching wird sie mit dem Festa Italiana gefeiert, in Cecina gibt es seit 2017 ein Festa della Birra. Alles abgesagt für heuer. Die Bar von Graziella Santarelli ist seit Wochen geschlossen. "Die Familie lebt von den Ersparnissen", weiß Silvia Sgariglia.

Trotz aller Be- und Einschränkungen fühlen sich die Cecinesi gut versorgt und geschützt. Notleidende dort hätten früher als anderswo von der Gemeinde Lebensmittelpakete mit Nudeln, Mehl, Keksen sowie 100 Euro erhalten. Bürgermeister Samuele Lippi kümmere sich sehr um seine Bürger, heißt es. Die Gemeinde bietet einen kostenlosen psychologischen Telefondienst an. Selbständige können einen "Babysitting-Bonus" von 600 Euro beantragen. Seit dem 20. April werden in der gesamten Toskana in 1150 Apotheken und 230 Supermärkte kostenlose Schutzmasken verteilt. Jeder Bürger bekommt eine Packung mit fünf Masken, bis zu 30 im Monat. Wer sich an die Maskenpflicht in Geschäften, Büros, öffentlichen Verkehrmitteln und Taxis nicht hält, riskiert empfindliche Geldstrafen. Sie können bis zu 500 Euro betragen. "Und die Polizei kontrolliert stark", sagt Sgariglia. Dafür wurde das Prinzip der Selbstzertifizierung (autocertificazione) geschaffen. Jede Bürger muss ein selbst ausgefülltes Formular dabei haben mit den Angaben des genauen Ortes, der Zeit und des Zwecks, damit die Richtigkeit überprüft werden kann. Die Schulen bleiben bis September geschlossen.

In Cecina mit seinen etwa 28 000 Einwohnern sind 31 Menschen mit dem Corona-Virus infiziert, ein 78-Jähriger starb. Am 4. Mai beginnt in Italien die "Phase 2". Notwendige Verwandtenbesuche in der eigenen Region sind wieder erlaubt, ebenso Spaziergänge, Radfahren und Joggen, aber nur alleine. Spielplätze bleiben geschlossen, ebenso wie Restaurants und Bars. Essen und Getränke können aber bestellt und abgeholt werden. Für Cousine Graziella lohnt sich das nicht in ihrer Bar. "Italiener mögen keinen Kaffee to go", sagt Silvia Sgariglia. Sie möchte nichts mehr, als ihren Vater in Livorno zu besuchen. Das wird noch dauern. "Wir müssen abwarten und hoffen, dass bald ein Impfstoff gefunden wird."

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