Gilching:Viel Sprachtheorie, wenig Witz

Gilching: Moni´s Brettl : Kabarettist Alex Burkhard

Ein Skandinavist, der aus der Poetry Slam-Szene kommt: Kabarettist Alex Burkhard auf Monis Brettl.

(Foto: Nila Thiel)

Kabarettist Alex Burkhard philosophiert über Linguistik und Dating-Apps für Hunde

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Gilching

Nicht erledigte To-do-Listen, Münchner Mietpreise, der Umgang mit Frauen oder die Besessenheit, Fotos als Beweismittel einzusetzen, um mitzuteilen, wo man schon überall gewesen ist: Das Leben hält harte Herausforderungen bereit. Zumindest für jemanden wie Alex Burkhard, der sich lieber um 2 Uhr nachts in der Kneipe Gedanken über den Tod macht, anstatt Spaß zu haben. "Ich und die Trübsal: wir mögen einander", erklärt der literarische Kabarettist sein Lebensmotto in seinem Programm "Man kennt das ja". Leider aber blitzt zwischen seinen Geschichten über Gott und die Welt nur hin und wieder hintergründiger Witz durch.

Dass zu Burkhards Auftritt in Gilching am Donnerstagabend kaum mehr als zwei Dutzend Gäste gekommen waren, versuchte der Wahlmünchner jedenfalls mit Humor zu nehmen: "Ich seid die Auserwählten", sagte er. Wenngleich der Kabarettist mit seinen Gedichten und Erzählungen den Besuchern immer wieder ein zustimmendes Lächeln auf die Lippen zauberte - der Funke zum Publikum wollte nicht so recht überspringen. Am Ende gab es höflichen Applaus.

Burkhard kommt aus der Poetry Slam-Szene. Er schreibt Prosa und Verse über Dinge, die ihm unverständlich sind oder ihn ärgern. Bei einem Gedicht über den Bayernkönig Ludwig II. übernimmt er Klangelemente aus dem Hip-Hop. Dann wieder dichtet er bekannte Reime um, wie etwa die Streiche aus dem Kinderbuch "Max und Moritz" und greift dabei ernste Themen auf, wie das Massentöten von Hühnern, die Flüchtlingsproblematik oder Terroranschläge.

Das Hauptthema des gebürtigen Allgäuers jedoch ist die Sprache. Er untersucht und vergleicht die Melodien einzelner Landessprachen und versucht dabei, Feinheiten und Unterschiede zu vermitteln. Locker plaudert er über spezielle Eigenheiten der Idiome und stellt unübersetzbare Wörter vor. In Skandinavien gibt es beispielsweise eine Längeneinheit, die danach gemessen wird, wie weit ein Rentier laufen kann, bis es eine Pause braucht (etwa 7,5 Kilometer). Im Finnischen gibt es ein spezielles Wort für "sich zuhause in der Unterhose betrinken". Für die deutsche Redensart "das ist nicht mein Bier" benutzen die Engländer den Tee und die Franzosen die Zwiebel. Im Polnischen indes heißt es: "Das ist nicht mein Zirkus, das sind nicht meine Affen". Wozu diese Vergleiche gut sind? Man habe Verantwortung für die eigene Sprache, ist Burkhard überzeugt. Deshalb hat er Skandinavistik studiert, obwohl man das Studium beruflich nicht anwenden könne, weil in Skandinavien jeder Englisch spricht. Doch Burkhard habe gerade das "Nichtwissen, wofür es gut ist" überzeugt.

Recht übergangslos geht er zu seiner Kindheit im Westallgäu über, er plaudert über Dating-Apps für Hunde oder macht sich über die Antworten der Fußballer bei Interviews lustig. Damit er auch wirklich keine Chance hat, seine To-Do-Listen auch abzuarbeiten, schreibt er sie vorzugsweise an Orten wie dem Mount Everest Base Camp. Oder listet auf, wann er atmen und den Hund streicheln muss. Burkhard philosophiert über die Zeit, die trödelt, sich zurückzieht oder ganz stehen bleibt. Dann wieder erzählt er, wie seine neue Freundin ihn wissen lässt, dass sie gehen wird, falls sie jemanden trifft, der besser aussieht als er. Woher nur komme dieser Unwille, sich in der heutigen Zeit festzulegen, fragt er sich. Und gibt die Antwort gleich selbst: "Es geht nur noch um die Oberfläche, um das Aussehen und wer wo gewesen ist."

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