Gilching:Mit dem Wiesn-Wimmerl zum Erfolg

Sie bieten Raum für Lippenstift, Handy und Geldscheine: die praktischen Gürtelhandtaschen von Myriam Krall.

Sylvia Böhm-Haimerl

Nähatelier Portadonna

Nähatelier Portadonna Gilching Das Nähatelier Portadonna in Gilching und seine Inhaberin Myriam Krall

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Kaum ein Mode-Accessoire verrät mehr über seine Trägerin als die Handtasche. Sie ist Statussymbol und Statement. Da gibt es die Handtasche im XXL-Format für den Frauentyp, der für alle Eventualitäten gewappnet ist und bis hin zu Regenschirm oder Sicherheitsnadel alles mit sich trägt. Für die Modebewusste indes steht das dekorative Element im Vordergrund, sie trägt zu jedem Outfit die passende Designertasche. Aber manchmal ist die Handtasche schlichtweg unpraktisch: etwa auf dem Oktoberfest.

Myriam Krall aus Gilching hat sich diese Marktlücke zunutze gemacht und startet mit einer neuen Idee durch: Eine Tasche am Gürtel, passend zu jeder Gelegenheit. Man hat die Hände frei und hat dennoch die wichtigsten Utensilien sicher verwahrt. Ganz nebenbei ist man auch noch modisch up to date. Myriam Krall hatte nicht nur die Idee für ein Produkt, das es nirgendwo sonst gibt. Mit der Firma "Portadonna" will sie auch ein hochwertiges Modelabel schaffen.

Nähatelier Portadonna

Nähatelier Portadonna Gilching Das Nähatelier Portadonna in Gilching und seine Inhaberin Myriam Krall

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Auf die Idee, ein Wiesn-Wimmerl zu entwerfen, kam Myriam Krall eher zufällig. Was nutzt das schönste Dirndl, wenn man zum Wiesn-Treffen mit Geschäftskunden keine passende Tasche hat für Verzehrgutscheine, Handy, Geld, Lippenstift und Taschentücher, fragte sich Krall, als sie sich ein neues Dirndl kaufte. Früher hatte man zur Tracht kleine Beutel unter der Schütze getragen, aber viel mehr als ein Geldschein und ein Taschentuch ging nicht hinein. Krall hat darum ihr altes Wimmerl aus dem Schrank geholt. In dem antiquierten Accessoire, das in den 1980-er Jahren praktisches Utensil für Skifahrer war, brachte man wenigstens ein Handy unter und die Kreditkarten. Von modischem Chic allerdings - keine Spur. Also überlegte sie, wie man das Wimmerl trachtenmäßig aufpeppen könnte. Mit einer einfachen Zeichnung ging Krall zu einem Lederschneider und lies sich von ihm ein schlichtes Täschchen anfertigen, das man an einem Trachtengürtel befestigen kann. Das perfekte Wiesn-Wimmerl war geboren und entpuppte sich als Renner. Sogar auf der Bierzelt-Toilette wurde sie darauf angesprochen.

Die Gilchingerin stellte ihre Idee ins Internet und verteilte auf dem Oktoberfest Visitenkarten. Zu ihrer Überraschung bekam sie innerhalb von nur einer Woche mehr als 150 Anfragen. Das war im Jahr 2010. Doch damit begann auch der Stress, wie die dreifache Mutter ihren handgefertigten Prototyp als Serienprodukt umsetzen konnte. "Ich musste mich herantasten, ich hatte ja keine Ahnung von Material, Produktion und Vertrieb", sagt die gelernte Werbekauffrau. Angefangen hat Krall im Hobbykeller. Er war Ideenschmiede, Material-Lager und Versandraum in einem. Gleichzeitig konnte sie ihre drei Kinder beaufsichtigen und sie nachmittags zum Sport oder zum Ballettunterricht bringen.

Die Fertigung übertrug sie einer Firma in der Türkei. Das war ein Fehler, denn bei dieser Entfernung sie konnte den Produktionsprozess nicht überwachen. Das fertige Produkt stimmte nicht mit ihrem Entwurf überein und entsprach auch nicht Kralls Qualitätsanforderungen. Und so hat sie Taschen im Wert von mehr als 10 000 Euro in den Müll geworfen. "Es war eine Grundsatzentscheidung. Ich wollte keinen Massenartikel, sondern eine hochwertige Marke aufbauen." Heute lässt die Gilchingerin im Erzgebirge fertigen und sucht das Material selbst aus.

Gleichzeitig mit der Gründung des Modelabels "Portadonna" hat Krall ihr Angebot um eine neue, sportliche Produktlinie erweitert. Das Täschchen wurde angepasst auf Smartphone-Größe mit Fächern für Geld und Schlaufen für Kosmetikartikel. Ob Farbe, Material oder Gürtel, ob Verzierungen im Trachtenstil oder mit Swarovski-Steinen - es sind unzählige Varianten möglich. Jede Kundin kann sich individuell ihre eigene Tasche zusammenstellen.

Inzwischen hat die Idee der Gilchingern Beachtung gefunden weit über Deutschland hinaus, etwa bei einem Jagdgeschäft in Frankreich. Die 40-Jährige hat ein Vertriebskonzept entwickelt und zwei Handelsvertreter unter Vertrag genommen. Und in den Stoßzeiten braucht sie Unterstützung durch zwei Mitarbeiter. Bald wird Krall sich auch nach neuen Geschäftsräumen umsehen müssen, denn der Hobbyraum ist längst zu eng geworden. "Ich weiß jetzt, wo ich hin will. Und hoffe, dass es dieses Jahr richtig losgeht", sagt sie.

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