Süddeutsche Zeitung

Kinderbetreuung:Gilchinger Eltern fordern Gratis-Kita

Der Gemeinderat hat das bereits aus Kostengründen abgelehnt. Eine Unterschriftensammlung soll nun eine zweite Abstimmung erzwingen.

Von Michael Berzl

Mit einem Bürgerantrag wollen Eltern aus Gilching erreichen, dass der Besuch eines Kindergartens künftig nichts mehr kostet. Seit Anfang September sammeln Johanna und Nicolas Reis Unterschriften für die Abschaffung der Gebühren. Mitte November wollen sie die ausgefüllten Listen im Rathaus abgeben und damit erzwingen, dass sich die Kommunalpolitik erneut mit dem Thema befasst. Im März hatte der Gemeinderat eine Übernahme der Gebühren mit knapper Mehrheit abgelehnt. Bürgermeister Manfred Walter (SPD), der sich damals für die Gratis-Regelung ausgesprochen hatte, begrüßt den erneuten Vorstoß. "Ich finde es gut, dass das Eltern jetzt in Eigeninitiative machen", sagte er.

Johanna Reis ist Mutter von zwei Buben im Alter von einem und drei Jahren. Der ältere der beiden besucht den Kindergarten des Vereins "Bürgerinitiative Vorschulbetreuung" (BIV) in der Waldkolonie. Wie viel Eltern bezahlen müssen, hängt von den Zeiten ab, die sie buchen; es geht um Beträge in einer Größenordnung von 80 bis 150 Euro pro Monat. Der Freistaat übernimmt 100 Euro. "Das kann man natürlich schon bezahlen", sagt auch Johanna Reis über den Elternanteil, aber ihr geht es auch um Gerechtigkeit, schließlich müssten Eltern in München vor allem in städtischen Kitas schon gar nichts mehr bezahlen. Auch der Starnberger Stadtrat hatte im Juli mehrheitlich beschlossen, dass der Besuch eines städtischen Kindergartens, eines Hortes oder einer Tagesstätte beitragsfrei ist. Starnberg ist damit die erste Kommune im Landkreis, die dieses Modell anbietet. Die Stadt wird das voraussichtlich mehr als eine halbe Million Euro pro Jahr kosten, hieß es.

Die Gilchinger hingegen haben nach einer kontroversen Debatte einen entsprechenden Antrag der SPD-Fraktion abgelehnt. Dagegen stimmten die Vertreter von CSU und Freien Wählern sowie Rosemarie Brosig (BfG), Wilhelm Boneberger (FDP) und die Sozialreferentin Margarete Blunck (ÖDP). Vor allem aus Kostengründen. Laut Johanna Reis läge die finanzielle Belastung für den Gemeindehaushalt in einer Größenordnung von 180 000 Euro.

Voraussichtlich in der Dezember-Sitzung soll sich der Gemeinderat erneut mit dem Thema befassen, kündigt Bürgermeister Walter an. Zunächst muss die formale Gültigkeit des Antrags geklärt werden, ehe dann darüber abgestimmt wird. Einige Listen müssten bis Mitte November noch eingesammelt werden, die notwendige Anzahl von 200 Unterschriften müsste aber schon erreicht sein, glaubt Johanna Reis, die seit Anfang September auch selbst viel im Ort unterwegs war, um für ihr Anliegen zu werben. Wenn die formalen Kriterien erfüllt sind, muss das Thema erneut auf die Tagesordnung kommen.

Johanna Reis argumentiert: "In unseren Augen muss Bildung kostenfrei sein, um eine tatsächliche Chancengleichheit herzustellen." Für die Familien gehe es zwar nicht um große Beträge, aber in machen Fällen könne auch ein "Fünfziger pro Monat" eine Rolle spielen, glaubt die Gilchingerin. Die Abschaffung der Kindergartengebühren wäre in ihren Augen "ein wichtiger Schritt zur finanziellen Entlastung von Familien." Die zweifache Mutter hofft, dass die Unterschriftensammlung den Druck auf die Kommunalpolitiker erhöht, so dass es sich "der eine oder andere noch einmal überlegt". Schließlich sei es in der Abstimmung im März nur um zwei Stimmen gegangen. Ihrer Ansicht nach hat dabei auch "Parteiengerangel" eine Rolle gespielt.

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Quelle:
SZ vom 05.11.2019
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