Gilching:In der Mitte angekommen

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Bei der Einweihung des Caritas-Jugendhauses in Gilching führt ein Asylbewerber seine Trommelkünste vor. Mitgefeiert haben auch Leiterin Martina Kneißl sowie Ingbert Petersen mit seinen Söhnen Jonas und Julian. (Foto: Nila Thiel)

Caritas weiht das Jugendhaus für minderjährige Flüchtlinge in Gilching offiziell ein. 21 junge Männer werden hier von 15 pädagogischen Fachkräften betreut

Von Christian Deussing, Gilching

Kelly trommelt hingebungsvoll und die etwa 50 Besucher sind davon ergriffen. Der junge Nigerianer eröffnete am Mittwoch die offizielle Einweihung des Caritas-Jugendhauses an der Gilchinger Sonnenstraße. Es wurde von Diözesan-Caritasdirektor Hans Lindenberger gesegnet, der über "Heimatverlust und neue Kräfte spendende Begegnungen" sprach. In dem ehemaligen Hotel wohnen derzeit in zwei Etagen 21 minderjährige männliche Flüchtlinge, die wegen Krieg und Terror ihre Heimatländer verlassen mussten und in der umgebauten Unterkunft von 15 pädagogischen Mitarbeitern betreut werden - um wieder mitmenschliche Geborgenheit zu finden.

Martina Kneißl und Frank Woltmann leiten die Einrichtung, die seit einem Jahr besteht. Es sei "verblüffend und sehr anerkennenswert", wie schnell hier einige von den Jugendlichen Deutsch gelernt hätten, sagte Woltmann. Er nickte freundlich zu den Bewohnern hinüber, die unter großem Beifall den Besuchern Lieder in ihrer Landessprache vortrugen. Die Starnberger Jugendamtsleiterin Rosemarie Merkl-Griesbach sprach den jungen Flüchtlingen Mut zu und forderte sie auf, zuversichtlich die Chancen in Gilching zu nutzen. Dabei bedankte sie sich auch für das "Wohlwollen" der Gemeinde gegenüber dieser Asylunterkunft, die sich ganz in der Nähe des S-Bahnhofs Neugilching befindet.

Gilchings Dritter Bürgermeister, Fritz Wauthier, verwies darauf, wie wichtig eine zentrale Lage für die Integration von Flüchtlingen sei. Er erinnerte zudem an das ehemalige Hotel Thalmeier an dieser Stelle: Die einstige Herberge habe "Fremden auch immer Geborgenheit und Wohnlichkeit geboten".

Das spüren offenbar auch die Hausbewohner Mortada aus dem Irak, der gern Tischtennis spielt, und der Syrer Leswan. Sie zeigten Besuchern ihre Zimmer. Beide sprechen schon recht gut Deutsch und es ist den jungen Asylbewerbern anzumerken, dass sie es in Deutschland packen wollen. "Wir möchten Automechaniker werden", sagten sie entschlossen. Sie berichteten, sich hier gut eingelebt zu haben, auch wenn alles nicht so leicht sei.

Besorgt wies Sandra Bartmann, Jugendhilfe-Bereichsleiterin der Caritas, auf die erstarkten rechtspopulistischen Kräfte hin, die vorgeben würden, Heimat zu schützen. Diese erlebe oder bewahre man aber nicht, "indem man Grenzen zieht". Es gehe darum, zusammenzuleben und miteinander zu teilen, betonte sie. Bartmann sprach überdies das Problem an, dass die Bewohner "mit dem 18. Geburtstag zurück in Gemeinschaftsunterkünfte" müssten. Sie wünsche sich daher vom Jugendamt, "flexibel und auf den Einzelfall bezogen zu entscheiden".

Eingeladen waren auch Nachbarn zur Feier. Unter ihnen Ergotherapeut Ingbert Petersen, der mit seinen kleinen Söhnen kam. "Ich finde es wichtig, Vorurteile abzubauen und ihnen offensiv zu begegnen", sagte er. Ähnlich dürften auch andere Gäste gedacht haben, die sich nach Fürbitten wie der für "Empfindsamkeit für notleidende Menschen" eine Ausstellung der Caritas ansahen. Das Thema lautet "Zusammen sind wir Heimat": Es zeigt Menschen unterschiedlicher Herkunft als "Tandem" in Berufen und Ausbildungen.

© SZ vom 29.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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