Süddeutsche Zeitung

Gilching:Der Ton des Bieres

"Ein Glas darf nie zu voll sein", sagt Markus Sailer

Von Christine Setzwein, Gilching

Bier kann man schmecken und riechen, daran besteht kein Zweifel. Aber hören? "Natürlich", sagte Markus Sailer. Wie Schaumbläschen zerplatzen, ist für ihn ein weiterer Hinweis, um welchen Bierstil es sich handeln könnte. Und von Bierstilen hat der Gilchinger viel Ahnung. Sailer wurde 2015 Deutschlands bester Biersommelier, durfte damals zur WM nach Brasilien. Dort reichte es zwar nur für den siebten Platz, aber heuer hat er sich noch einmal für die WM qualifiziert. Sie findet am 27. September in Rimini statt.

Ein Bier kann würzige, vegetative und fruchtige Noten aufweisen: Es kann nach Vanille oder Pfeffer, Gras oder Getreide, Quitte oder Banane riechen und schmecken. Oder nach Schwefel oder Buttersäure, dann ist etwas gründlich schiefgelaufen beim Brauen. Ein Biersommelier wie Markus Sailer kann die meisten Aromastoffe des Bieres identifizieren. Und das sind immerhin etwa doppelt so viele wie beim Wein, der etwa 800 unterschiedlichen Aromastoffe hat. Dabei ist der 48-Jährige weder Brauer noch Mälzer. Er ist Doktor der Chemie und angestellt bei einem großen Chemieunternehmen in Burghausen.

Sein Bier-Handwerk hat Sailer in der weltweit bekannten Brauerakademie Doemens in Gräfelfing gelernt. 2004 hat der damalige Geschäftsführer der Akademie, Wolfgang Stempfl, die Ausbildung zum Biersommelier ins Leben gerufen, bis heute die einzig offizielle in Deutschland.

Der Deutsche Meistertitel habe ihm viele Türen geöffnet, sagt Sailer. Auf vielen Einladungen habe er viele interessante Menschen kennengelernt. Mit seinem Wissen und Können hat er es sogar ins Fernsehen geschafft. In der Reihe Terra X strahlte das ZDF eine Dokumentation über die Weltgeschichte des Bieres aus und hat dazu auch Markus Sailer interviewt.

Für Markus Sailer und seine Frau Gabi - ebenfalls Sommelière - ist Bier Leidenschaft. Nicht der Alkohol steht im Vordergrund, sondern der Genuss. Darum haben die beiden in der Alten Brennerei in Geisenbrunn einen Raum angemietet, wo sie als "Die Biernase" Verkostungen und Brauseminare anbieten. Und darauf hinweisen, dass es, wie beim Wein, auch beim Bier auf das richtige Glas ankommt. "Ein Glas darf nie zu voll sein", sagt Markus Sailer. Nur so kämen die Aromen des Bieres richtig zur Geltung.

Auf seiner Visitenkarte hat Markus Sailer "Effendi" stehen. Weil er auch so gern und viel redet wie die Figur in der Serie "Irgendwie und sowieso", sagt er. Der 48-Jährige kann aber auch sehr gut zuhören - dem Bier, denn das spricht zu ihm, sagt Sailer.

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Quelle:
SZ vom 29.08.2019
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