Süddeutsche Zeitung

Müllumladestation:Feierlaune in Weßling, Bedenken in Gilching

Die Entscheidung des Abfallunternehmens Awista, in Mischenried an der A96 statt in Oberbrunn zu bauen, könnte vor allem die Menschen in St. Gilgen belasten.

Von Christian Deussing

"Der Kelch ist an uns vorübergegangen", freut sich Weßlings Bürgermeister Michael Muther über die Entscheidung des Abfallwirtschaftsunternehmens Awista im Landkreis Starnberg, seine Umladestation in Mischenried nun an der Lindauer Autobahn zu bauen. Die Fläche liegt zwar auf Weßlinger Flur, befindet sich aber weit entfernt an der Grenze zum Gilchinger Ortsteil St. Gilgen. Damit sind die Pläne von Awista für das Areal zwischen Oberbrunn und Hochstadt vom Tisch. "Das hatte sich abgezeichnet", sagt Muther. Denn nachdem der kommunale Entsorger in Mischenried eine deutlich größere Fläche als bei Oberbrunn erwerben konnte, drehte sich der Wind.

Awista hat im Juli nördlich der A 96 das Grundstück "An den Gruben" mit insgesamt 6,2 Hektar von einem Kiesunternehmer aus Gilching gekauft. Dieses Areal neben Remondis ist um etwa 2,3 Hektar größer als die Fläche bei Oberbrunn. Damit seien die Chancen erheblich gesunken, die geplante Umladestation 750 Meter von St. Gilgen entfernt zu verhindern, klagt Gilchings Bürgermeister Manfred Walter. Er hatte sich im Lenkungskreis von Awista gegen diesen Standort ausgesprochen, weil die Einwohner von St. Gilgen bereits unter zwei Asphaltmischanlagen, dem Kiesabbau und deren Lärm- und Geruchsbelästigungen leiden würden.

Doch Walter hatte keine Chance, denn entschieden hat der Awista-Verwaltungsrat, in dem er nicht vertreten ist und als Bürgermeister auch kein Stimmrecht hätte. Dennoch seien die jeweiligen Kriterien der beiden Standorte im Landkreis mit dem Gutachterbüro fair beraten und abgewogen worden, betont Walter. Seine Gemeinde könne jetzt nur noch als Nachbarkommune im Bauleitverfahren zur geplanten Umladestation und den Lagerflächen Stellung beziehen. Er sei aber gespannt, wie nun der Müllentsorger Remondis auf das Awista-Projekt in direkter Nachbarschaft reagiert.

Denn mit der neuen Umladestation will Awista-Chef Peter Wiedemann den "Wettbewerb im Markt eröffnen", Remondis Paroli bieten und sich von ihr bei der Müllentsorgung unabhängig machen. Noch laufe allerdings ein Erbbaurechtsvertrag mit der Firma Remondis bis 2034, die dann entweder die Gebäude übernehmen oder das Grundstück unbelastet zurückgeben könne, erläutert Wiedemann das mögliche Szenario. Aktuell gehe es für Awista alleine darum, das erworbene Areal "An den Gruben" bis 2023 zu entwickeln. Das ursprüngliche Plankonzept, auch noch ein Verwaltungszentrum und Sozialkaufhaus zu errichten, ist für Awista jetzt offenbar nicht mehr vordringlich. Eben dieses Vorhaben, auch ein modernes zukunftsweisendes Dienstleistungszentrum für die Abfallwirtschaft im Fünfseenland zu bauen, hatte Wiedemann stets propagiert - nachdem im Dezember 2017 eine landwirtschaftliche Fläche von knapp vier Hektar zwischen Oberbrunn und Hochstadt auf Gautinger Flur erworben worden war. Doch diese Pläne lösten Proteste aus: Die Hochstädter kämpften für den Trinkwasser- und Naturschutz und machten Front gegen das geplante Müllzentrum, befürchtet wurden auch Lärm und massiver Verkehr. "Ich bin sehr froh, dass unsere Argumente gehört wurden", sagt Gerd Pfister, Initiator einer Petition mit 1175 Unterzeichnern gegen die Umladestation.

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Quelle:
SZ vom 28.09.2019
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