Süddeutsche Zeitung

Kaffeemobile aus Gilching:Espresso auf drei Rädern

Lesezeit: 3 min

Brigitte Gruber betreibt eine "Ape"-Flotte, mit der sie auf Festen und Märkten unterwegs ist. Den Umbau zur Kaffeebar hat sie selbst konzipiert und dabei manches Problem gemeistert.

Von Otto Fritscher, Gilching

"Also, wenn ich einen Cappuccino trinke, dann bin ich schon wählerisch", sagt Brigitte Gruber. Nicht zu stark und nicht zu schwach darf er sein, und die richtige Temperatur sollte er auch noch haben. So wie die Cappuccini und Espressi eben, die sie selbst verkauft. Aber nicht in einem normalen Café, sondern an einem ihrer Gefährte, die sie liebevoll "Kaffeedreiräder" nennt. So heißt auch ihre Firma. Die Gilchingerin ist seit 2003 mit einer kleinen Flotte von Kaffeemobilen unterwegs, am vergangenen Wochenende beim Münchner Isarinselfest, dreimal jährlich auf der Auer Dult, auf dem Tollwood, bei privaten Feiern und Firmenveranstaltungen.

Putzig und feuerrot schauen die beiden dreirädrigen Gefährte aus: Es sind zwei Ape, halb Roller halb Auto, wie sie in Italien auf Märkten und von Handwerkern gefahren werden. "Das eine habe ich völlig verwahrlost aus einem Biergarten herausgekauft und hergerichtet, das andere ist mir in Berlin über den Weg gelaufen", erklärt Gruber. Sie ist - man darf dies wohl sagen - eine resolute Frau. Jedes Mal, wenn sie zum Karosseriebauer ihres Vertrauens geht, ist dieser schon wieder auf alles gefasst. Zum Beispiel darauf, eine Ape auf ein Anhängergestell zu montieren. Der Grund: Die Ape (italienisch für Biene) ist mit der Kaffeemobil-Ausrüstung nur 40 Stundenkilometer schnell - "und somit ein Verkehrshindernis", wie Brigitte Gruber sagt.

Zu ihrem Fuhrpark gehört inzwischen auch ein vierrädriges Gefährt von Piaggio, das einstmals als Schneeräumer seinen Dienst tat. "Zwei Jahre hat sich der Umbau hingezogen", sagt Gruber und lacht. Dabei gab es einige unvorhergesehene Klippen zu umschiffen. Als die Ladefläche mit Wassertank, Profi-Siebträgermaschine, Spülmaschinen und Geschirr (insgesamt 200 Tassen plus Zubehör) bestückt war, war die Last auf der Hinterachse so schwer, dass sich das Fahrerhaus vom Boden abhob. "Nun habe ich eine 200 Kilo schwere Bleiplatte vorne dran, natürlich vom TÜV abgenommen", sagt die Unternehmerin.

Gruber ist eine handwerklich überaus begabte Frau, die lange am Umbau eines Fahrzeugs herumgetüftelt hat, weil es keine Lösung von der Stange für Kaffeedreiräder gibt. "Ich habe die Baupläne für Stahl, Holz, Wasser und Elektrik gemacht und zunächst ein Modell gebaut", erklärt sie. 30 000 Euro betrug dann die Investition, bis das erste Dreirad umgebaut war. Wie kommt man auf so eine Idee? "2003 war für mich ein Katastrophenjahr. Meine Mutter starb, nach 25 Jahren war mein Arbeitsplatz weg, meine Partnerschaft hatte dem nicht standgehalten und ich wollte etwas Neues machen", sagt Gruber. Die Idee, Espresso mittels einer kultigen Ape zu verkaufen, war in Deutschland damals noch nicht so verbreitet, Gruber ging aber schon länger mit dieser Idee schwanger.

Wer nun glaubt, dies sei ein leichter Job, der irrt sich. Wenn sie eines ihrer Gefährte, die in verschiedenen Gilchinger Tiefgaragen geparkt sind, gebrauchsfertig machen will, muss jede Menge geschleppt, hergerichtet und vorbereitet werden. "Es dauert mindestens zweieinhalb Stunden, bis man starten kann", sagt Gruber. Sie hat ein Team von langjährigen Mitarbeiterinnen aufgebaut, zumeist Mütter. "Die sind vielseitig, belastbar und zuverlässig", sagt Gruber. Allein sind die vielen Buchungen nicht mehr zu schaffen.

Grubers jüngstes Gefährt hat diesen Sommer seine Feuertaufe bestanden: Es ist ein kleiner Eis-Handwagen, den sie neben das Espresso-Mobil stellen kann. "Kaffee und Eis in einem Auto ist nicht praktikabel und zudem aus hygienischen Gründen nicht erlaubt", erklärt Gruber. Der Eiswagen ist so flexibel konstruiert, dass er leicht mit auswechselbaren Firmenfarben gestaltet oder mit einem Logo versehen werden kann. "Die Leute stehen gerne um meine Dreiräder herum und sagen: Ui, wie putzig", berichtet Gruber.

Mit ihrem Ex-Schneeräumer, den sie "Trucki" getauft hat, ist Gruber von November bis Februar unterwegs - als Mini-Weihnachtstruck, der in Kooperation mit anderen Caterern gerne für Weihnachtsfeiern gebucht wird. Dann verwandelt sich die mobile Espressobar in einen Glühwein-Ausschank. "Als ich vor 16 Jahren mit meinem ersten Dreirad angefangen habe, hätte ich nie gedacht, dass das mal so viel Arbeit werden wird", sagt Gruber. Sie könne sich vorstellen, später mal mit einem ihrer Gefährte durch Deutschland zu tingeln, und dann dabei Land und Leute kennenzulernen. Und sie seufzt: "Zu zweit wäre das sicherlich noch schöner."

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SZ vom 18.09.2019
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