Ein Rentner hat vor seinem Mehrfamilienhaus in Gilching ein Ehepaar fremdenfeindlich beleidigt und dabei den verbotenen Hitlergruß gezeigt. Die Eheleute, die im selben Ort leben, zeigten den Mann nach dem Vorfall, der sich im November vergangenen Jahres ereignete, an. Der Senior erhielt einen Strafbefehl von 80 Tagessätzen zu je 30 Euro, also 2400 Euro.
Doch der 66-Jährige legte dagegen Einspruch ein und leugnete die Taten vor dem Starnberger Amtsgericht. „Das ist alles so nicht passiert, das habe ich nicht gemacht“, beteuerte der Angeklagte. Zuvor hatte ihm die Staatsanwältin vorgeworfen, die Eheleute als „Scheiß Türken und Islamistenschweine, die sich verpissen sollen“, beleidigt zu haben. Der Rentner hatte angegeben, an dem Tag vormittags zwei oder drei Bier getrunken zu haben und leicht angeheitert gewesen zu sein. Er sei vom Altpapier-Container gekommen und von einem unbekannten Mann angesprochen worden. „Ich sollte ihm in die Fresse hauen, damit die Polizei kommen kann“, berichtete der Angeklagte dem Gericht. Doch glaubhaft klang diese Geschichte nicht.
Wahrhaftig erschienen hingegen die Aussagen des 35-jährigen Türken, der seine Eltern an dem Nachmittag besuchen wollte und vor dem Haus ordnungsgemäß das Auto geparkt hatte. Er habe den Anwohner freundlich gegrüßt, der aber nur erwidert habe: „Was willst du hier?“ Der Mann sei alkoholisiert gewesen, habe die Konfrontation gesucht und sei immer näher gekommen – und habe dann den rechten Arm zum Hitlergruß gehoben, sagte der Zeuge, der bei der U-Bahnaufsicht arbeitet. Seine Frau hatte daneben gestanden und die Polizei alarmiert.
Der Mann sei wegen der Beschuldigungen sehr erregt gewesen, sagte der Verteidiger
Die 27-jährige Ehefrau sagte in der Verhandlung, dass der Rentner gepöbelt und sie ohne Grund beschimpft habe. „Ich hatte Angst, dass er meinen Mann angreift.“ Dann sei er in dem Mehrfamilienhaus verschwunden. Kurz darauf hatte eine Polizeistreife an der Wohnungstür des zuvor unbescholtenen Angeklagten geklingelt, um ihn als Beschuldigten zu vernehmen. „Er war stark alkoholisiert und recht aggressiv“, sagte dazu eine Polizistin vor Gericht. Zudem soll er die türkische Familie als „Verbrecher“ beschimpft haben.
Der Verteidiger versuchte, die Vorwürfe zu entkräften. Denn sein Mandant sei wegen der Beschuldigungen sehr erregt gewesen und habe gesundheitliche Probleme gehabt, sagte der Anwalt. Er betonte, dass der Rentner nicht der NS-Ideologie anhänge und sich in der katholischen Kirche unter dem „Gebot der Nächstenliebe“ engagiere.
Die Staatsanwältin ließ zwar eine gewisse „alkoholbedingte Enthemmung“ des Gilchingers gelten, aber in keinerlei Hinsicht seine fremdenfeindlichen Beleidigungen mit dem Hitlergruß gegenüber ausländischen Mitbürgern. Dieses Verhalten tolerierte auch die Amtsrichterin nicht und las dem wortkargen Angeklagten die Leviten.
Die grundlose Aggression gegen Menschen, die sich hier integriert hätten und in die Gesellschaft einbrächten, sei „zutiefst beschämend“, erklärte die Richterin. Sie verurteilte den Rentner wegen Beleidigung und „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ zu einer Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu 25 Euro. Demnach muss der Angeklagte statt 2400 nun sogar 2750 Euro zahlen.